"Alternative Fakten" zum Einreiseverbot Trump-Beraterin erfindet ein Massaker
03.02.2017, 14:37 Uhr
Kellyanne Conway gehört zu Donald Trumps Beraterstab im Weißen Haus.
(Foto: REUTERS)
Um Donald Trumps "Muslim-Bann" zu rechtfertigen, erinnert seine Beraterin Kellyanne Conway in einem TV-Interview an Obamas früheren Einreisestopp für Iraker und ein Massaker in Kentucky. Doch beide Ereignisse haben nie stattgefunden.
Die anhaltende Debatte um das Einreiseverbot für Bürger aus muslimischen Ländern bringt die US-Regierung in Erklärungsnot: Nur so ist es wohl zu erklären, dass Kellyanne Conway, eine Beraterin von Präsident Donald Trump, jetzt im Interview mit dem TV-Sender MSNBC ein Massaker als Rechtfertigung heranzog, das es nie gegeben hat. "Ich wette, dass es den Leuten völlig neu ist, dass Präsident Obama einen sechsmonatigen Einreisestopp für irakische Flüchtlinge verfügte, nachdem zwei Iraker in dieses Land kamen, sich radikalisierten und zu den Drahtziehern des Massakers in Bowling Green wurden", erklärte Conway. "Die meisten Leute wissen nichts davon, weil nie darüber berichtet wurde."
Dafür gibt es allerdings auch einen triftigen Grund: Weder hat es jemals ein Massaker in der Stadt Bowling Green im US-Bundesstaat Kentucky gegeben, noch hat der frühere Präsident Barack Obama jemals einen Einreisestopp gegen irakische Flüchtlinge verhängt. Unter anderem die renommierte "Washington Post" gab der Trump-Beraterin eine Lehrstunde in Geschichte. Zwar waren im Jahr 2011 tatsächlich zwei Iraker festgenommen und später zu langen Haftstrafen verurteilt worden, nachdem sie in Bowling Green versucht hatten, dem Terrornetzwerk Al-Kaida Geld und Waffen in den Irak zu schicken.
Allerdings waren die beiden damals geradewegs in eine Falle des FBI getappt, wurden verhaftet - und sitzen laut US-Medienberichten bis heute im Gefängnis. Dass sie einen Anschlag geplant hätten, war ihnen von der US-Justiz nie vorgeworfen worden. Und auch einen Einreisestopp hat es nicht gegeben. Vielmehr hatte die Obama-Regierung die Überprüfungen irakischer Flüchtlinge infolge des Kentucky-Falls verstärkt - und damit die Einreise in einigen Fällen deutlich verzögert. Dafür musste auch Obama viel Kritik einstecken. Der Fall eines Irakers, der an der Seite von US-amerikanischen Truppen gekämpft hatte und ermordet wurde, bevor sein Asylantrag bearbeitet werden konnte, sorgte damals für Empörung.
Auch einen Einreisestopp gab es nicht
Zudem wurden auch Iraker, die schon länger in den Vereinigten Staaten lebten, in die Sicherheitsmaßnahme einbezogen. Schlichtweg unwahr ist aber die Behauptung, dass zu diesem Zeitpunkt keine Iraker mehr ins Land gelassen wurden. Flüchtlinge, deren Überprüfung abgeschlossen war, durften weiter einreisen. Der falsche Vergleich, den Conway heranzog, ist nicht ganz neu. Schon vor knapp einer Woche titelte die rechtsnationale Website "Breitbart News" mit der Geschichte vom angeblichen Einreisestopp unter Obama - und brachte sich damit ins Visier der Faktenchecker vom Annenberg Public Policy Center an der University of Pennsylvania. Sie widerlegten die Behauptungen auf ihrer Non-Profit-Website FactCheck.org.
Präsident Trump wird seit Längerem eine gewisse Nähe zu "Breitbart News" nachgesagt - auch deshalb, weil sein Chefberater Steven Bannon einst Herausgeber des islam- und fremdenfeindlichen Portals war. Conway startete hingegen als Trumps Wahlkampfleiterin, arbeitet nun im Weißen Haus und prägte in ihrem TV-Interview mit dem Sender NBC den Begriff "alternative Fakten". Hintergrund war eine nachgewiesene Falschinformation, die von Sean Spicer, dem Sprecher von Donald Trump im Weißen Haus, zu den Besucherzahlen seiner Amtseinführung am 20. Januar verbreitet wurde.
Quelle: ntv.de, jug/dpa