Politik

Reality-TV-Wahlkampf "Trump wird keinesfalls Präsident"

Donald Trump hat viele Fans - und ist doch ein extrem unbeliebter Kandidat.

Donald Trump hat viele Fans - und ist doch ein extrem unbeliebter Kandidat.

(Foto: AP)

Donald Trump ist nicht nur Populist, sondern auch Opportunist, sagt der Politologe Curd Knüpfer. Die Vorwahlen habe er mithilfe der dominierenden "Reality-TV-Logik" gewonnen.Das wird jetzt nicht mehr klappen.

n-tv.de: Lassen Sie uns zunächst klären, was die traditionellen Kernanliegen der Republikanischen Partei in den USA sind. Was macht einen echten Republikaner aus?

Curd Knüpfer ist Gastdozent am John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin.

Curd Knüpfer ist Gastdozent am John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin.

(Foto: jfki.fu-berlin.de)

Curd Knüpfer: Das Etikett "Republikaner" täuscht ein bisschen darüber hinweg, dass es eine Volkspartei ist, die viele verschiedene Strömungen umfasst. Republikaner unterscheiden sich in zwei Grundhaltungen von Demokraten. Ihr Idealbild ist ein kleiner Staat. Und sie definieren sich als Konservative, was sich vor allem in kulturellen und gesellschaftspolitischen Fragen bemerkbar macht.

Sind das zugleich die zentralen Strömungen bei den Republikanern?

Ja. Auf der einen Seite gibt es die Anhänger des kleinen Staates und einer libertären Wirtschaftspolitik. Auf der anderen Seite steht die religiöse Rechte, die Evangelikalen. Das ist das Spannungsfeld, in dem sich die Republikanische Partei bewegt: zwischen Wirtschaftsliberalismus und kulturellem und gesellschaftlichem Konservatismus.

Ist Donald Trump nach diesen Definitionen Republikaner?

Trump spricht sich für starke Grenzen und für eine restriktive Einwanderungspolitik aus, was dem gesellschaftlichen Konservatismus entspricht. Zugleich ist er ein Geschäftsmann von der Ostküste und fügt sich damit in die wirtschaftsliberale Tradition der Republikaner ein. Aber wie man im Vorwahlkampf gesehen hat: Er passt nicht zu den Politikern, mit denen er in den Fernsehdebatten auf der Bühne stand, weder zu Konservativen wie Ted Cruz noch zu Wirtschaftsliberalen wie Jeb Bush oder Rand Paul. Letztlich ist es schwierig, Trump zu definieren, weil er sich dreht und wendet, wie es ihm gerade passt. Das gilt in gewissem Maße vielleicht für alle Politiker. Aber Trump ist da wirklich außergewöhnlich.

Im "New Yorker" wurde kürzlich argumentiert, Trump könne die Republikaner für den Sozialstaat öffnen, weil er nicht auf das Konzept des kleinen Staats festgelegt sei. Ist das plausibel?

Da bin ich skeptisch. Das würde voraussetzen, dass der Kandidat die Wählerschaft umstimmt. Bei Trump ist es aber gerade umgekehrt. Er ist nicht nur Populist, sondern auch Opportunist. Es stimmt, dass in den Vorwahlkämpfen Kandidaten erfolgreich waren, die den Staat nicht verteufeln – Trump bei den Republikanern, Bernie Sanders bei den Demokraten. Mag sein, dass in den USA ein gewisses Umdenken stattgefunden hat. Aber bei den Republikanern ist da viel Rhetorik im Spiel: Sie sprechen über Sozialkürzungen, setzen das aber ohnehin nicht um.

Warum nicht?

Weil es gerade ihre Wähler sind, die Programme wie Medicaid und Medicare in Anspruch nehmen: ältere Menschen und weiße Arbeiter, die wirtschaftlich nicht gut dastehen.

Das heißt, Leute, die von Sozialprogrammen profitieren, wählen eine Partei, die genau diese Programme eigentlich ablehnt?

Das ist eine alte Debatte: Warum wählen die Leute gegen ihre Interessen? Aber diese Frage verkennt, dass sich die meisten Republikaner schwer damit tun, Sozialleistungen tatsächlich zurückzufahren oder gar abzuschaffen. George W. Bush hat im Wahlkampf immer vom kleinen Staat gesprochen. Tatsächlich ist der Staat in seiner Amtszeit gewachsen, sowohl mit Blick auf die Militärausgaben als auch im Sozialbereich.

Könnte es für Trump sinnvoll sein, den Widerspruch zwischen Rhetorik und Praxis zu beenden?

Vielleicht. Aber auf diesen Programmen klebt das Logo der Demokraten, nicht das der Republikaner. Medicaid und Medicare wurden in den 1960er Jahren von Präsident Lyndon B. Johnson eingeführt, einem Demokraten. Johnsons "Great Society" war eine klar progressive Agenda. Auch die Einführung der allgemeinen Krankenversicherung unter Barack Obama ist untrennbar mit den Demokraten verbunden. Viele Demokraten haben sich lange gefragt, warum die Regierung den Begriff "Obamacare", der ursprünglich als Schimpfwort gemeint war, übernommen hat. Die Strategie dahinter ist, dass die Leute früher oder später merken werden, dass dieses Programm gut für sie ist. Dass ein Donald Trump irgendwann sagt, er finde Obamacare toll – das überfordert meine Vorstellungskraft.

Die andere Seite von Donald Trump sind seine rassistischen Äußerungen. Angenommen, Trump verliert die Wahl. Was passiert dann mit der Partei, die sich ihm unterworfen hat?

Schwierig. Trump ist ein Symptom für die Schwäche der Republikanischen Partei, vielleicht auch für ein Aufbröseln der Allianz der Strömungen, die sich unter ihrem Dach versammeln. Es könnte gut sein, dass Trump dafür sorgt, dass sich Wählergruppen abwenden. Zum Beispiel die sogenannten Mitt-Romney-Republikaner, die sich als moderat definieren. Unter ihnen gibt es geradezu einen Ekel vor Trumps Rhetorik. Ich würde nicht ausschließen, dass einige von denen Hillary Clinton wählen – was noch vor wenigen Monaten komplett unvorstellbar war.

Haben Sie eine Prognose, wie die Präsidentschaftswahl im November ausgeht?

Im Herbst habe ich gesagt, dass Trump niemals Präsidentschaftskandidat wird. Kann sein, dass ich aus meinem Fehler nichts gelernt habe, aber ich lehne mich noch mal aus dem Fenster und sage: Trump wird keinesfalls US-Präsident. Im Vorwahlkampf war eine andere Logik am Werk, eine Art Reality-TV-Logik. Die Medien, aber auch wir alle als Publikum haben nur noch darauf geachtet, was für verrückte Dinge dieser Kerl sagt. Spätestens nach dem Nominierungsparteitag im Juli gilt eine andere Logik. Dann wird er mit seiner Art nicht mehr durchkommen. Nach meiner Einschätzung läuft es auf eine katastrophale Niederlage für die Republikaner hinaus – vielleicht sogar auch bei den Kongresswahlen.

Mit Curd Knüpfer sprach Hubertus Volmer

Quelle: ntv.de

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