Wegen Fluchtgefahr Türkei erklärt 10.000 Reisepässe für ungültig
22.07.2016, 16:48 Uhr
Staatsbürger, die die Türkei verlassen wollen, müssen künftig einige Nachweise erbringen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das türkische Innenministerium erklärt Tausende Pässe für ungültig. Zuvor hatte es bereits geheißen, dass die Ausreisekontrollen verschärft werden. Wer das Land verlassen will, muss nun Nachweise über seine Tätigkeit erbringen.
Die türkischen Behörden haben die Reisepässe von mehr als 10.000 Staatsbürgern für ungültig erklärt. Es gehe um Menschen, bei denen Fluchtgefahr bestehe, teilte Innenminister Efkan Ala mit. Nach Angaben eines Regierungsvertreters wurden zudem in Zusammenhang mit dem gescheiterten Putschversuch vor einer Woche Haftbefehle gegen 300 Mitglieder der Präsidentengarde erlassen.
Zuvor hatte es aus Regierungskreisen geheißen, dass die Ausreisekontrollen für türkische Staatsbürger verschärft würden. Bei der Passkontrolle an den internationalen Flughäfen des Landes müssten ausreisende Staatsbürger nun einen Nachweis ihrer Tätigkeit erbringen, hieß es. Man wolle damit die Flucht von Menschen mit Verbindungen zu dem Putschversuch verhindern.
Staatsbedienstete müssen eine Bescheinigung ihrer Behörde vorlegen, in der ausdrücklich erwähnt wird, dass ihrer Ausreise nichts im Wege steht. Das gilt auch für ihre Ehepartner und Kinder. Andere Beschäftigte müssen nachweisen, dass sie im Privatsektor tätig und somit keine Staatsbediensteten sind.
Türkische Medien berichteten, von Studenten könne bei der Ausreise eine Studienbescheinigung verlangt werden. Rentner und Arbeitslose benötigten einen Nachweis der Sozialversicherung. Aus deren Nummer ist erkennbar, ob die Person im Staatsdienst tätig ist oder nicht. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, Staatsbedienstete dürften generell nicht mehr nach Nordzypern oder Georgien ausreisen, wofür kein Reisepass benötigt wird.
Schwierige Arbeit für Stiftungen
Die Regierung hat angekündigt, staatliche Stellen von Unterstützern des Predigers Fethullah Gülen zu "säubern", den Präsident Recep Tayyip Erdogan für den Putschversuch verantwortlich macht. Die Regierung vermutet, dass zahlreiche Behörden von ihnen unterwandert sind. Allen Staatsbediensteten wurde der Urlaub gestrichen. Diejenigen im Ausland wurden zur Rückkehr aufgefordert. Zudem wurden Tausende Richter, Lehrer, Wissenschaftler und Soldaten entlassen oder festgenommen.
Derweil befürchtet die Konrad-Adenauer-Stiftung, dass ihre Arbeit nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei eingeschränkt wird. "Wir sind nicht besonders zuversichtlich, was die weiteren Perspektiven betrifft", sagte der Vorsitzende der CDU-nahen Stiftung, Hans-Gert Pöttering, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Zwei türkische Wissenschaftler konnten ein KAS-Stipendium in Berlin nicht antreten, zwei weitere mussten aufgrund einer verweigerten Ausreise ihre Teilnahme an einer Konferenz in Italien absagen. "Es gibt immer mehr Länder, in denen es schwieriger wird für die deutschen politischen Stiftungen tätig zu sein", sagte Pöttering.
Quelle: ntv.de, mli/kpi/dpa/AFP