Gericht öffnet die Schleusen US-Parteispenden grenzenlos
21.01.2010, 19:15 UhrWährend in Deutschland im Zusammenhang mit Großspenden aus dem Hotelgewerbe an die Bundesregierung eine Deckelung der Parteispenden gefordert wird, gehen die USA in eine andere Richtung: Ein Gericht hebt Beschränkungen auf, der Einfluss der Wirtschaft wird damit erleichtert. Präsident Obama kritisiert das Urteil und kündigt Gegenmaßnahmen an.
US-Firmen können künftig noch stärker als bisher in den Wahlkampf eingreifen. Das Oberste Gericht der USA hob langjährige Beschränkungen bei der Wahlkampfwerbung für Unternehmen auf. Präsident Barack Obama kritisierte das Urteil in ungewöhnlich scharfer Form und kündigte einen Vorstoß im Kongress an, um die Folgen der richterlichen Entscheidung in Grenzen zu halten.

Werden US-Wahlkämpfe - hier Präsident Barack Obama im Jahr 2008 - jetzt noch bunter und schriller?
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Nach dem Spruch können Firmen jetzt Geld aus ihren Töpfen für Werbekampagnen zur direkten Unterstützung oder Bekämpfung von Kandidaten bei Wahlen auf Bundesebene ausgeben. Bisher war es ihnen nur erlaubt, in Werbespots zu Sachfragen Stellung zu nehmen. Direkte finanzielle Zuwendungen aus der Firmenkasse an Kandidaten bleiben aber weiter verboten.
Das Gericht hob auch eine bisherige Regelung auf, nach der solche Sach-Werbekampagnen für Unternehmen und auch Gewerkschaften ab 30 Tagen vor der Wahl verboten waren. Zur Begründung hieß es, die Wahlkampf-Restriktionen, die eine unzulässige Einflussnahme auf politische Entscheidungen verhindern sollten, verstießen gegen das Verfassungsrecht auf freie Meinungsäußerung.
Werbe-Flut erwartet
Die neuen Freiheiten, die nach der Interpretation von Rechtsexperten höchstwahrscheinlich auch für Gewerkschaften gelten werden, könnten bereits bei den Kongresswahlen im November zum Tragen kommen. Erwartet wird dann eine Flut von Werbespots, von denen vor allem die Republikaner profitieren könnten. Der Fraktionschef der konservativen Partei im Senat, Mitch McConnell, hatte sich für die Lockerung der teils seit Jahrzehnten bestehenden Restriktionen stark gemacht, während der demokratische Parteivorstand dagegen argumentierte.
Die mit Spannung erwartete Entscheidung fiel mit fünf zu vier Richterstimmen. Die als liberaler geltenden Richter stimmten geschlossen gegen die Lockerungen, darunter auch die erst kürzlich in den Supreme Court eingezogene Hispanierin Sonia Sotomayor. Richter John Paul Stevens argumentierte im Namen der Minderheit, dass das Urteil "die Integrität der gewählten Institutionen überall im Land zu untergraben droht".
"Schlagkräftige Antwort" angekündugt
Obama sprach von einem großen Sieg für Ölfirmen, Wall-Street- und andere Unternehmen, die ihre Macht nutzten, "um die Stimmen der Normalbürger zu ertränken". Es müsse nun eine "schlagkräftige Antwort" auf den Gerichtsspruch gefunden werden: "Das öffentliche Interesse erfordert dies."
Hintergrund der Entscheidung ist der Streit um einen Dokumentarfilm über Hillary Clinton, den die als Unternehmen registrierte Vereinigung "Citizens United" finanziert hatte. Der Film porträtierte Clinton in einem äußerst negativen Licht und sollte 2008 auf dem Höhepunkt des dramatischen Rennens gegen Barack Obama um die demokratische Präsidentschaftskandidatur auf einem Bezahl-Sender ausgestrahlt werden. Die Bundeswahlkommission schob dem aber einen Riegel vor, und "Citizens United" zog vor den Kadi. Der Fall landet schließlich beim höchsten Gericht, das entschied, die bisherigen Regeln grundsätzlich unter die Lupe zu nehmen. Es hob mit seiner Entscheidung zwei frühere eigene Urteile auf, die gegenteilig gelautet hatten.
Steinmeier lässt mit sich reden
Die SPD hat sich unterdessen für eine Höchstgrenze bei Parteispenden in Deutschland ausgesprochen. Über eine Deckelung bei 100.000 Euro für Einzelspenden könne man mit ihm reden, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier der Ulmer "Südwest-Presse". Ein generelles Verbot von Parteispenden lehnte er ab. Steinmeier forderte zudem Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) auf, die Zuwendungen des Unternehmers August von Finck an FDP und CSU zu überprüfen. Es sei im Zusammenhang mit der von Schwarz-Gelb eingeführten Mehrwertsteuer-Reduzierung für Hotelübernachtungen der Eindruck entstanden, dass "hier Honorare für gesetzgeberisches Handeln geleistet worden" seien. Daher müsse Lammert den Vorgang aufklären lassen.
Quelle: ntv.de, dpa