"The Biggest Loser" statt Obama US-Sender ignorieren die Rede
21.11.2014, 05:08 Uhr
Politik per TV-Ansprache: Im Weißen Haus konnten Korrespondenten Obamas Rede an Flachbildschirmen mitverfolgen.
(Foto: Reuters)
Der mächtigste Mann der Welt tritt mit brisanten Plänen vor die Kamera und die Masse der Amerikaner schaut nicht zu? Die Entscheidung reichweitenstarker Medien verrät viel über die innere Verfassung der USA: Die Mitte klinkt sich aus der Debatte aus.
Die große Mehrheit der US-Bevölkerung dürfte die Rede des Präsidenten zur Einwanderungspolitik nur am Rande wahrgenommen haben. Die drei großen US-Fernsehsender ABC, NBC und CBS verzichteten auf eine Liveübertragung.
Als US-Präsident Barack Obama in seiner Fernsehansprache weitreichende Pläne für eine Einwanderungsreform darlegte, bekamen daher die Zuschauer auf den Kanälen von ABC, NBC und CBS davon nichts mit. Die TV-Verantwortlichen verzichteten darauf, für die Rede zur besten Sendezeit am Donnerstagabend um 20 Uhr (Ortszeit US-Ostküste) das Programm freizuräumen.
Damit musste sich das Weiße Haus mit einer deutlich geringeren Reichweite zufrieden geben als bei früheren Fernsehansprachen von Obama. Präsidentensprecher Josh Earnest nannte die Entscheidung von ABC, NBC und CBS "enttäuschend".
Symptome der Enttäuschung?
Statt der Ansprache Obamas lief bei ABC die Ärzteserie "Grey's Anatomy". Bei CBS konnten Zuschauer eine weitere Folge der Comedyserie "The Big Bang Theory" verfolgen. Und bei NBC lief wie seit langem geplant die Show "The Biggest Loser" - eine Sendung, die um die Bemühungen übergewichtiger Menschen kreist, ihre Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten zu ändern.
Die drei Sender teilten auf Anfrage mit, dass sie für die Ansprache nicht ihr Programm ändern würden. Beobachter sehen darin einen weiteren Beleg, dass die parteipolitische Spaltung des Landes der demokratischen Kultur des Landes bereits dauerhaften Schaden zugefügt hat. Für die privaten Mainstream-Sender, die auf Werbeeinnahmen angewiesen sind, verspricht eine TV-Ansprache des Präsidenten offenbar nur geringe Einschaltquoten - mag der Vorstoß Obamas innenpolitisch auch noch so umstritten sein.
Das Ende der alten Leitmedien
Womöglich zeigt die Entscheidung der Sender allerdings auch nur, dass die klassischen Schwergewichte der US-Medienlandschaft ihre Funktion als Leitmedien längst verloren haben. Live mitverfolgen konnten Zuschauer die Rede des Präsidenten auf den Nachrichtensendern CNN, MSNBC und Fox News.
Außerdem wurde die Rede von dem öffentlich-rechtlichen Kanal PBS sowie den spanischsprachigen Sendern Univision und Telemundo übertragen. Das Weiße Haus wollte zu Gesprächen mit ABC, NBC und CBS keine Angaben machen. "Aber wir sind zuversichtlich, dass die Rede heute Abend umfangreiche Aufmerksamkeit von Print-, Online- und Rundfunkmedien erhalten wird", hatte ein ranghoher Regierungsvertreter im Vorfeld erklärt.
Mit den beiden Spartensendern Univision und Telemundo dürfte ein "beträchtlicher Teil des wachsenden spanischsprachigen Publikums" die Rede mitverfolgt haben. Auch das Zuschauerpotenzial bei CNN, MSNBC und Fox News sei "ordentlich".
In einem vorab veröffentlichten Video hatte der Präsident angekündigt, mit Exekutivanordnungen das "kaputte" Einwanderungssystem der USA reformieren zu wollen. Schätzungen zufolge leben mehr als elf Millionen Menschen ohne gültige Papiere in den USA, die meisten von ihnen stammen aus Mexiko und anderen mittelamerikanischen Ländern.
Seit Jahren ringen Politiker in Washington um eine Reform des Einwanderungsrechts. Zuletzt scheiterte ein im Sommer 2013 vom Senat verabschiedeter parteiübergreifender Gesetzentwurf am Widerstand des republikanisch dominierten Repräsentantenhauses. Die Republikaner werfen Obama vor, mit den geplanten Dekreten seine Befugnisse zu überschreiten.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP