US-Wahl geht in die zweite Halbzeit Kampf um die Wähler-Resterampe
30.07.2012, 22:15 Uhr
Obama hält seit Wochen seinen knappen Vorsprung.
(Foto: AP)
In 100 Tagen werden die Stimmzettel in den USA ausgezählt sein. Dann weiß die Welt, wer die kommenden vier Jahre US-Präsident sein wird. Bis dahin wird sich das Duell zwischen Obama und Romney vor allem auf einige wenige Bundesstaaten konzentrieren, denn ein Großteil der politischen Landkarte ist bereits aufgeteilt.
Nur wenige Staaten werden die Wahl am 6. November entscheiden, darunter die Schwergewichte Florida, Virginia und Ohio. Aber auch einige kleine Staaten wie Colorado und Nevada lassen sich noch keinem der beiden Lager fest zuordnen, insgesamt rund 100 Wahlmännerstimmen sind auf den Strategiekarten der Kampagnen als "zu vergeben" markiert. Doch US-Präsident Barack Obama startet mit einem kleinen Vorsprung in den Endspurt.
Landesweit liegt der Amtsinhaber in aktuellen Umfragen gleichauf mit Mitt Romney. Allerdings kann sich Obama in mehreren bevölkerungsreichen Bundesstaaten des Sieges bereits sicher sein, darunter Kalifornien, das 55 Wahlmänner stellt. Romney wird hingegen einen Großteil des Landesinneren gewinnen, doch dort leben nur wenige Menschen, entsprechend gering die Ausbeute bei den Stimmen. Für den Sieg werden 270 Wahlmänner benötigt. Nach Analyse der Experten von "realclearpolitics.com" kommt Obama derzeit auf 231, Romney nur auf 191.
Angriffe ohne Durchschlagskraft
Doch für beide bleiben noch genug Stimmen in den sogenannten "Swing States" übrig, um die Wahl zu gewinnen. Auf sie wird sich das Duell nun konzentrieren – und auf die bisher unentschiedenen Wähler. Die aber zeigen sich von den Argumenten der Kandidaten bisher eher unbeeindruckt.
Abstand in den „Swing States“
Colorado:Obama + 1,6 Prozent
Floria: Obama+ 0,4 Prozent
Iowa: Obama + 1,3 Prozent
Michigan: Obama + 4,2 Prozent
Nevada:Obama + 5,3 Prozent
NewHampshire: Obama + 3 Prozent
Ohio: Obama+ 5 Prozent
Virginia:Obama + 1,2 Prozent
NorthCarolina: Romney + 0,4 Prozent
Obamas Versuche, Romney das Image eines gierigen Finanzhais anzuhängen, sind zwar geglückt: Nur 30 Prozent der Wähler halten den Mann aus Massachusetts für sympathisch, Obama kommt hingegen auf 60 Prozent. Doch Stimmen hat das Romney nicht gekostet, seine Umfragewerte bleiben seit Wochen konstant bei 45 Prozent. Und bei den drei wichtigsten Themen, der Wirtschaft, der Steuer- und der Arbeitsmarktpolitik, trauen ihm jeweils über 50 Prozent der Wähler mehr zu als Obama.
Auch deswegen konzentriert sich dessen Kampagne fast ausschließlich auf die weiterhin schwächende Konjunktur. Laut einer Umfrage von Gallup ist für 92 Prozent die Schaffung von Jobs das wichtigste Thema. Die von Obama angezettelte Debatte um Steuergerechtigkeit finden hingegen nur 49 Prozent ausschlaggebend. Nur 45 Prozent sagen, Obama mache seinen Job gut.
Entscheidung in zwei Staaten?
Wirklich geschadet hat das Obama dennoch kaum. Er hält seit Wochen seinen knappen Vorsprung in den Umfragen. Vor allem in den kritischen "Swing States" liegt er zum Teil klar vorn.
Und er hat den Vorteil, nur noch wenige von ihnen gewinnen zu müssen. Mit Siegen in Ohio und Florida wäre Obama eine zweite Amtszeit sicher. Entsprechend großen Aufwand betreibt sein Team derzeit in beiden Staaten: Mehrere Millionen pumpte Obamas Werbemannschaft hier zuletzt in den Fernsehmarkt, zumal gerade in Ohio die Arbeitslosenquote deutlich unter dem landesweiten Durchschnitt liegt. Außerdem leben die meisten Wähler in Städten, wo Obama tendenziell bessere Ergebnisse einfährt.
Obamas Probleme beginnen erst
Trotzdem bleibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen, denn Obamas Erfolg hängt am seidenen Faden der wirtschaftlichen Entwicklung. Stagniert der Arbeitsmarkt auch weiterhin hat Romney beste Argumente für die vielleicht alles entscheidenden TV-Debatten. Bleibt die Konjunkturkurve flach, kann Romney thematisch weiterhin eingleisig fahren und Jobs versprechen. Obamas Vorsprung im nordöstliche "Rostgürtel", dem industriellen Herzen der USA, wäre damit ernsthaft in Gefahr.
Mit seiner Gesundheitsreform hat der Präsident seinen Gegnern außerdem den idealen Ansporn zum Wählen gegeben. Vor allem ultra-konservative US-Amerikaner , die "Obamacare" als Angriff auf ihre Freiheit ablehnen, werden in großer Zahl zur Abstimmung gehen. Die Demokraten hingegen kämpfen mit Unzufriedenheit ihrer Stammwähler: Bisher ist es Obama nicht gelungen, seine politischen Erfolge in ähnlich große Begeisterung wie bei der Wahl 2008 umzumünzen.
Und ihre gefährlichste Waffe bringen die Republikaner gerade erst in Stellung: Finanzstarke Polit-Organisationen haben angekündigt, bis zur Wahl ein wahres Feuerwerk an negativer Werbung zu zünden. Diese sogenannten "Super Pacs" und steuerbefreiten "501/c-Gruppen" können seit der umstrittenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes von 2010 unbegrenzt Spenden sammeln und ausgeben. Davon machen vor allem Konzerne, reiche Millionäre und Wirtschaftsverbände Gebrauch, was eher den Republikanern in die Hände spielt. Obamas Team warnt schon seit Wochen vor dem Horrorszenario: Der Präsident könnte am Ende weniger Geld zur Verfügung haben als sein Herausforderer.
Quelle: ntv.de