"Nach der Wahl bin ich flexibler" Obama verplappert sich
26.03.2012, 22:29 Uhr
Obama bittet bei Russlands Präsidenten Medwedew um mehr Zeit in Sachen Raketenschirm - und liefert seinen Wahlkampfgegnern daheim eine Steilvorlage. Denn der US-Präsident spricht recht offen über die Möglichkeiten seiner zweiten Amtszeit.
Es ist ein Satz, der nicht für die Öffentlichkeit gedacht ist, deswegen flüstert ihn Barack Obama auch. "Das ist meine letzte Wahl", sagt er zu Russlands scheidendem Präsidenten Dimitri Medwedew. Beide Männer lehnen sich nach vorn, stecken die Köpfe zusammen. Der US-Präsident fügt hinzu: "Nach meiner Wahl habe ich mehr Flexibilität."
Medwedew nickt. "Ich verstehe", sagt er leise, während ihm der US-Präsident kumpelhaft die Hand tätschelt. "Ich gebe die Information an Wladimir weiter." Im Hintergrund knattern die Fotoapparate - und die Richtmikrofone der Reporter fangen jedes Wort der kleinen Unterredung auf.
Steilvorlage für Obama-Kritiker
Was eigentlich nicht so schlimm ist: Schließlich geht es um ein wichtiges Thema, den geplanten Raketenabwehrschirm der NATO in Europa. Russland ist strikt dagegen, vor allem Wladimir Putin, der neue (und alte) starke Mann des Riesenreiches. Auf dem Atomgipfel in Seoul aber scheinen die beiden Supermächte gut miteinander darüber reden zu können: Barack bittet den Kollegen Dimitri in der Sache um Aufschub, und der wiederum will es Kollege Wladimir ausrichten. Ein seltener Moment außenpolitischer Einmütigkeit - wenn da nicht der US-Wahlkampf wäre.
Denn auf diese Aussage haben Obamas Gegner nur gewartet. Seit Monaten schüren die Republikaner unter ihren Anhängern die Angst vor weiteren vier Jahren unter dem verhassten Demokraten. "Stellt euch nur vor, wie radikal er in seiner zweiten Amtszeit wäre", orakelte Newt Gingrich nach seinem Sieg in South Carolina. Und auch Rick Santorums neuer Werbespot stellt die Zukunft unter Obama als regelrechten Horrortrip dar: Die Straßen sind verwaist, Familien stehen am Abgrund, der Iran hat Atombomben. "Willkommen in Obamaville - nicht nur eine Stadt, sondern eine Warnung", heißt es am Schluss.
Missverständnis mit Vorsatz
Dabei hat sich Obama mit politischen Versprechen für seine nächste Amtszeit bisher noch zurückgehalten. Dass er Medwedew nun aber "mehr Flexibilität" verspricht, falls er die Wahl gewinnen sollte, lässt sich mit ein wenig politischer Kreativität auch anders verstehen.
So wie Mitt Romney es zum Beispiel tut: Bei einem Wahlkampfauftritt am Montag bezeichnete er Obamas Aussagen als "alarmierende Entwicklung". Dies sei nicht der Moment, um den US-Amerikanern "zu verheimlichen, was er mit unserer Raketenabwehr vorhat", so Romney, "und mit unserer militärischen Macht, unserer Verantwortung für Israel, unserer absoluten Überzeugung, dass der Iran Atomwaffen haben darf."
Romney antwortet - und patzt
Ein erster Warnschuss - der allerdings nicht nur thematisch etwas zu weit ging. Denn schon kurz darauf musste eine Romney-Sprecherin eilig korrigieren: Gemeint sei natürlich die Überzeugung, dass der Iran keine Atomwaffen haben dürfe.
Schadensbegrenzung nach verbalen Ausrutschern der Kandidaten: keine Premiere für die Romney-Kampagne. Erst vor wenigen Tagen sorgte einer ihrer wichtigstens Manager für Aufregung mit der Erkenntnis, Romney könne nach dem rechtspopulistischen Vorwahlkampf thematisch eher wieder moderat auftreten. "Das ist fast wie bei einer Zaubertafel. Man schüttelt einmal und fängt wieder ganz von vorne an."
Es dauerte nur Minuten, da hatte Romneys Gegner Santorum eine Antwort parat. "Wir alle wussten schon, dass Romney keine Überzeugungen hat", so seine Sprecherin.
Quelle: ntv.de