Politik

"Deutsch-amerikanische Trennung" USA fürchten den Verlust eines Freundes

Es war einmal? Ganz so weit ist es noch nicht. Aber die Zeiten, in denen eine Nähe von Obama und Merkel als selbstverständlich galten, neigen sich sichtlich dem Ende zu.

Es war einmal? Ganz so weit ist es noch nicht. Aber die Zeiten, in denen eine Nähe von Obama und Merkel als selbstverständlich galten, neigen sich sichtlich dem Ende zu.

(Foto: REUTERS)

Bisher entstand vor allem ein Eindruck: Die USA interessieren die Reaktion der Deutschen auf ihre Spähmanöver nicht. Nachdem die Bundesregierung einen amerikanischen Topspion ausgewiesen hat, scheint sich das zu ändern.

Es ist ein beliebtes Klischee: US-Amerikaner wollen nicht wissen, was jenseits des großen Teiches passiert. Die Empörung der Bundesregierung über den jüngsten Spionage-Skandal rund um Maulwürfe und Doppelagenten in deutschen Behörden scheint dieses Klischee allerdings deutlich zu widerlegen. Nicht nur die US-Politik debattiert über die Folgen amerikanischer Schnüffelei. Nahezu alle namhaften Medien berichten darüber, dass die Bundesregierung aus Protest den obersten Repräsentanten der US-Nachrichtendienste in Deutschland des Landes verwiesen hat.

Das sei der bisher "stärkste Beweis dafür, dass die immer neuen Enthüllungen über weitreichende Geheimdiensttätigkeiten der USA in Deutschland die Beziehung zwischen einst engen Verbündeten ernsthaft beschädigt haben", heißt es in der "New York Times". Die "Washington Post" spricht von einem "starken Ausdruck der Wut", der diesem Akt inne wohnt. Es ist von einer "außergewöhnlichen Eskalation" zwischen Bündnispartnern die Rede. Beim US-Sender CNN heißt es, das Verhältnis der beiden Staaten stehe durch die Snowden-Enthüllungen ohnehin schon auf wackligem Fundament.

Besonders drastisch stellt die "Los Angeles Times" die Situation dar. Das Bild einer grimmig dreinblickenden Kanzlerin Angela Merkel und eines angespannten US-Präsidenten Barack Obama ziert einen Kommentar auf der Webseite des Blattes. Darüber steht: "Die deutsch-amerikanische Trennung". Der Autor erinnert an Obamas ersten Auftritt in Berlin 2008 und dass er damals einer begeisterten Menge sagte: Für Frieden und Fortschritt sei es erforderlich, dass Verbündete einander zuhören, voneinander lernen und sich vertrauen. "Jetzt, sechs Jahre später sind die Beziehungen zwischen Washington und Berlin mehr denn je von Misstrauen geprägt", heißt es in dem Text.

Es fällt auch der Satz: "Viele Deutsche sehen Amerika mittlerweile als einen militaristischen Schurkenstaat, der noch gefährlicher ist als Russland oder der Iran." Würde sich Obama durch sein Handeln von Deutschland trennen, wäre das ein Schlag für die Sicherheit der USA, den Geheiminformationen egal in welcher Menge nicht rechtfertigen könnten. Aus jeder Silbe dieses Textes spricht ein hohes Maß amerikanischer Selbstkritik.

Die Reaktion der Bundesregierung hat offensichtlich die Aufmerksamkeitsschwelle der US-Amerikaner überschritten. Der symbolische Akt, den amerikanischen Top-Spion in Deutschland auszuweisen, zeigt womöglich Wirkung.

Quelle: ntv.de, ieh

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