Zückerchen für Karsai USA geben Millionen frei
05.12.2011, 12:42 Uhr
Clinton ermahnt Karsai.
(Foto: dapd)
Auf der Afghanistan-Konferenz in Bonn muss sich Präsident Karsai einiges anhören. US-Außenministerin Clinton spricht von einer "wechselseitigen Rechenschaftspflicht". Zugleich kündigt sie an, hunderte Millionen Dollar jährlich an das Land zu überweisen. Karsai selbst plant offenbar, die Verfassung zu ändern und noch eine dritte Amtszeit durchzuregieren.
Zur Unterstützung Afghanistans geben die USA eingefrorene Entwicklungshilfegelder in dreistelliger Millionenhöhe frei. Washington will gemeinsam mit anderen Partnern die Zahlungen in den afghanischen Wiederaufbaufonds (ARTF) wiederaufnehmen, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton auf der Bonner Afghanistan-Konferenz. Nach ihren Angaben geht es um Zahlungen von bis zu 700 Millionen Dollar jährlich.
Clinton forderte die Regierung des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai zugleich zu politischen Reformen auf. Dies sei die Voraussetzung für weitere finanzielle Unterstützung der internationalen Gemeinschaft. "Afghanistan steht vor neuen Haushaltsdefiziten, die neue Quellen für Wachstum und Einnahmen erforderlich machen", sagte Clinton. "Und viele der hier versammelten Länder sehen, dass auch die internationale Gemeinschaft mit Budgetzwängen zu kämpfen hat. Es ist also entscheidend, dass wir eine umfassende und wirksame Strategie entwickeln, mit der wir die Ressourcen und deren Verwendung optimieren können."
Clinton begrüßte, "dass die afghanische Regierung selbst Verpflichtungen eingegangen ist, die sie erfüllen muss, das sie schwierige Entscheidungen für Reformen treffen muss". Weiter betonte sie, die "wechselseitige Rechenschaftspflicht" werde "im Zentrum aller Verpflichtungen stehen, die wir eingehen". Ausdrücklich lobte sie Karsai für dessen Versprechen, 2014 faire Präsidentenwahlen zu organisieren. Die internationale Gemeinschaft forderte sie auf, weiterhin für die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte zu sorgen. Zugleich betonte sie, "dass wir weiterhin gemeinsam gegen jene vorgehen werden, die nicht bereit sind, den Konflikt zu beenden".
Clinton bedauerte, dass . "Die gesamte Region ist an der Zukunft Afghanistans interessiert und hat viel zu verlieren, wenn Afghanistan wieder eine Quelle des Terrorismus und der Instabilität wird", sagte sie. Deswegen hätte Pakistan zu dieser Konferenz beitragen können. Die Außenministerin betonte: "Niemand in diesem Raum ist mehr als die USA daran interessiert, ein korrektes Bild von dem zu bekommen, was bei dem jüngsten Grenzzwischenfall passierte."
Iran attackiert USA
Der Iran äußerte indes scharfe Kritik an den USA und forderte den Abzug aller ausländischen Soldaten aus Afghanistan. Der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi bemängelte die derzeitigen Verhandlungen zwischen den USA und der Regierung in Kabul über US-Militärstützpunkte in Afghanistan.
Die Präsenz der Nato-geführten Schutztruppe Isaf habe nicht zu Frieden und Sicherheit in Afghanistan geführt, sagte Salehi. Der Iran plädiere deshalb dafür, "die Verantwortung für die innere Sicherheit des Landes weg von ausländischen Streitkräften hin zu einheimischen Streitkräften zu übertragen".
Karsai klammert sich an die Macht
Afghanistans Präsident Karsai plant offenbar, die Verfassung seines Landes zu ändern, um sich selber eine dritte Amtszeit nach 2014 zu verschaffen. Das geht nach Informationen der "Bild"-Zeitung aus einem Bericht des Bundesnachrichtendienstes (BND) hervor. In dem geheimen Sonderbericht des BND vom September 2011 heißt es, Karsai plane "eine politische Neugestaltung der afghanischen Zentralregierung". Weil Karsai für eine Änderung der Verfassung noch die Unterstützung fehle, arbeite er an einer "kreativen Lösung" und führe dazu bereits erste Sondierungsgespräche mit namhaften afghanischen Politikern.
Doch bei den westlichen Partnern Afghanistan wächst der Unmut über Karsai. Ein Bericht des US-Geheimdiensts hat die mangelnde Einbindung der aufständischen Taliban durch den afghanischen Präsidenten bei der internationalen Afghanistan-Konferenz in Bonn kritisiert. Karsai glaube, die Verhandlungen mit den Aufständischen wären "im amerikanischen Interesse, nicht aber im Interesse Afghanistans", berichtete die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf einen ihr vorliegenden geheimen Bericht des "Combined Joint Intelligence Operations Center" in Kabul.
Konferenz auf dem Petersberg
Schon die erste Petersberg-Konferenz im Jahr 2001 sei dafür kritisiert worden, dass sie "eine Art Siegerjustiz" darstellte, heißt es nach Angaben der "Bild" in dem US-Geheimdienstbericht. Sollten die Taliban und andere Aufständische auch dieses Mal nicht eingebunden werden, "hätte Bonn II die gleichen Glaubwürdigkeitsprobleme wie die Vorgänger-Konferenz". Karsai misstraue dem Westen und habe sogar gedroht, nicht an der Konferenz teilzunehmen, da er fürchte, dort vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.
Auf der Afghanistan-Konferenz in Bonn wollen Vertreter von Staaten und internationalen Organisationen über die Unterstützung Afghanistans nach dem Abzug der NATO-geführten Truppen 2014 beraten. Schon am Wochenende gab es erste bilaterale Gespräche.
Westerwelle verspricht Unterstützung
Westerwelle will Afghanistan vor allem wirtschaftlich stärken.
(Foto: dpa)
Bundesaußenminister Guido Westerwelle sicherte Afghanistan die Hilfe der internationalen Gemeinschaft auch nach dem Abzug der Kampftruppen Ende 2014 zu. "Es wird ein ziviles Gesicht dieses Engagements sein, und wir werden nicht mehr mit kämpfenden Truppen dabei sein", sagte der FDP-Politiker der ARD.
"Es wird darum gehen, dass wir die politischen Strukturen weiter unterstützen, dass wir beim Aussöhnungsprozess weiter dabei sind" führte der Minister aus. "Es wird um Infrastruktur gehen, natürlich. Das ist ja ganz wichtig: Ohne eine wirtschaftliche Entwicklung wird es ja auch keine gute und sichere Zukunft in Afghanistan geben." Westerwelle fügte hinzu: "Wir werden weiter mitmachen, wenn es darum geht, dass wir die afghanischen Sicherheitskräfte weiter ausbilden und trainieren."
Quelle: ntv.de, dpa/AFP