Politik

Mutmaßlicher Chemiewaffeneinsatz USA machen Assad verantwortlich

Der Bürgerkrieg in Syrien bedroht nach Ansicht des Französischen Präsidenten den Weltfrieden.

Der Bürgerkrieg in Syrien bedroht nach Ansicht des Französischen Präsidenten den Weltfrieden.

(Foto: REUTERS)

Die USA stellen nun nochmals klar: Sie sind sich sicher, dass Chemiewaffen verwendet wurden - und zwar von der syrischen Regierung. Daran bestehe keinerlei Zweifel. Die Beweise sollen noch diese Woche veröffentlicht werden.

Die USA, Großbritannien und Frankreich sind bereit für einen Militärschlag gegen Syriens Machthaber Baschar al-Assad. Der US-Sender NBC berichtete, die Raketenangriffe auf Ziele in Syrien könnten bereits an diesem Donnerstag beginnen. Alle drei Staaten und die Arabische Liga beschuldigen das Regime in Damaskus, mit dem Einsatz von Giftgas Hunderte Menschen bei Damaskus getötet zu haben, darunter zahlreiche Kinder.

Das Weiße Haus macht Assad für den Angriff verantwortlich.

Das Weiße Haus macht Assad für den Angriff verantwortlich.

(Foto: AP)

Das US-Militär habe alles vorbereitet, um entsprechend reagieren zu können, sollte sich Präsident Barack Obama für ein Eingreifen entscheiden, sagte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel dem britischen Sender BBC. Eine endgültige Entscheidung hat Obama noch nicht getroffen. Er berate derzeit mit seinem Nationalen Sicherheitsteam derzeit über eine Antwort, sagte Regierungssprecher Jay Carney. Es gebe keinerlei Zweifel, dass das Regime in Syrien den Angriff unternommen habe. Noch in dieser Woche soll ein entsprechender Bericht des US-Geheimdienstes veröffentlicht werden. Die Überlegung drehe sich nur noch darum, wie die Antwort auf diesen erheblichen Verstoß internationaler Normen aussehen werde.

Die syrischen Rebellen beziffern die Zahl der Todesopfer auf mehr als 1300. Laut Ärzte ohne Grenzen wurden in von der Organisation betreuten Krankenhäusern 3600 Menschen mit Symptomen von Nervengift behandelt. Von ihnen seien 355 gestorben. Ein Experten-Team der Vereinten Nationen versucht derzeit herauszufinden, ob tatsächlich Chemiewaffen eingesetzt wurden. Es musste seine Arbeit aber wegen der angespannten Sicherheitslage unterbrechen. Die Mission war am Montag von Heckenschützen angegriffen worden.

Regime will sich verteidigen

Das Assad-Regime kündigte an, es werde sich im Falle eines militärischen Eingreifens verteidigen. "Wir sind kein Häppchen, das man so einfach verspeisen kann. Wir werden die anderen überraschen", drohte Außenminister Walid al-Muallim. Die syrische Exil-Opposition wurde nach eigenen Angaben über einen bevorstehenden Militärschlag gegen das Regime informiert.

Syriens Schutzmacht Russland, die ein gemeinsames Vorgehen der Staatengemeinschaft im UN-Sicherheitsrat immer wieder blockiert hatte, warnte mit scharfen Worten vor einem Militärschlag. Auch nach Ansicht des Irans würde ein Angriff gegen Syrien ein Chaos im gesamten Nahen Osten auslösen.

Dass ein Militäreinsatz beginnt, noch während die UN-Experten in Syrien sind, gilt als unwahrscheinlich. Zudem wird erwartet, dass sich Obama zuvor in einer Rede an die Weltgemeinschaft wendet.

Militärische Ziele sollen attackiert werden

NBC berichtet, Angriffe würden sich voraussichtlich über drei Tage erstrecken und seien in ihrem Umfang begrenzt. Das hätten namentlich nicht genannte ranghohe Regierungsbeamte in Washington mitgeteilt.

Nach Informationen der "Washington Post" könnte das US-Militär Marschflugkörper von Kriegsschiffen abfeuern, die jetzt schon im Mittelmeer kreuzen, oder Langstreckenbomber einsetzen. Im Visier seien militärische Ziele, die aber nicht direkt zum syrischen Chemiewaffen-Programm gehörten. Die Zeitung geht ebenfalls von einem kurzen Einsatz aus.

Laut einem Bericht der griechischen Zeitung "Kathimerini" beantragten die USA in Athen bereits die Nutzung von zwei Militärstützpunkten. Offiziell gab es dafür jedoch keine Bestätigung. Die Stützpunkte auf Kreta und der Halbinsel Peloponnes waren bereits während des Libyen-Einsatzes 2011 von Kampfbombern genutzt worden.

Hollande sieht den Weltfrieden bedroht

Die USA können offenbar auf die Hilfe von Staaten wie Frankreich, Großbritannien und die Türkei bauen. In London wurde das Parlament für eine Sondersitzung am Donnerstag aus dem Urlaub geholt. Noch sei keine Entscheidung gefallen, sagte der britische Regierungschef David Cameron laut der BBC. Sein Stellvertreter Nick Clegg betonte, es gehe nicht darum, die syrische Regierung zu stürzen oder den Syrien-Konflikt zu lösen. Es gehe darum, "legale, konkrete und verhältnismäßige Maßnahmen zu ergreifen, die ein Signal senden, dass der Einsatz von Chemiewaffen heutzutage unhaltbar ist."

Frankreichs Präsident François Hollande warnte: Der Bürgerkrieg in Syrien "bedroht jetzt den Weltfrieden". Es deute alles darauf hin, dass das Regime in Damaskus "diese verabscheuungswürdige Tat" begangen habe. Frankreich sei bereit, die Verantwortlichen zu bestrafen.

Auch die Arabische Liga gab dem Regime in Damaskus die Schuld an den Attacken. Der Rat der Liga verurteilte "dieses abscheuliche Verbrechen". Gleichzeitig forderte er die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates auf, "ihre Differenzen beizulegen, damit eindeutige Maßnahmen ergriffen werden können, die den Menschenrechtsverletzungen und dem Völkermord durch das syrische Regime ein Ende setzen".

Israel ist nach den Worten von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf alle Szenarien vorbereitet. "Wir sind nicht Teil des Bürgerkriegs in Syrien, aber wenn wir irgendeinen Versuch identifizieren, uns anzugreifen, werden wir mit aller Härte reagieren", sagte Netanjahu nach einer Sicherheitsberatung in Tel Aviv.

Mehrheit der Deutschen gegen Militärschlag

Bei einem Treffen in Jordanien verständigten sich führende Militärs aus zehn westlichen und arabischen Staaten darauf, dass ein möglicher Angriff auf Syrien nur begrenzte Ziele verfolgen sollte. An den Gesprächen nahm auch der Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, teil.

Die Bundesregierung erklärte sich erneut zu "Konsequenzen" bereit, falls sich die Giftgas-Vorwürfe gegen Assad bestätigen. An der Grenze zwischen der Türkei und Syrien sind heute schon 300 Bundeswehr-Soldaten mit Patriot-Abwehrraketen im Einsatz. Im Mittelmeer kreuzen mehrere deutsche Militärschiffe, darunter das Flottendienstboot "Oker" mit modernster Aufklärungstechnik. Spekuliert wird auch über den Einsatz von Awacs-Aufklärungsflugzeugen der Nato, in denen deutsche Soldaten sitzen.

Mehr als zwei Drittel der Bundesbürger lehnen einen internationalen Militärschlag gegen Syrien allerdings ab. In einer repräsentativen Umfrage für das Magazin "Stern" sprachen sich 69 Prozent der Befragten dagegen aus. Nur 23 Prozent waren dafür.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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