6000 Drogentäter kommen frei USA wollen Gefängnisse leerer machen
30.10.2015, 19:32 Uhr
Amerikas Gefängnisse sind überfüllt. Einige Insassen können sich deshalb über frühere Entlassung freuen.
(Foto: REUTERS)
Die USA sind die Weltmeister im Inhaftieren. 2,2 Millionen Menschen sitzen dort im Gefängnis. Das liegt zum großen Teil an besonders harschen Strafen. Präsident Obama will das seit langem ändern. Jetzt kommen 6000 Drogentäter vorzeitig frei.
Die Zahlen sprechen für sich. 25 Prozent aller Gefangenen weltweit sitzen in den USA in Haft - das sind mehr als in den Top 35 der europäischen Staaten zusammen. Seit Jahren kämpft Präsident Barack Obama für eine umfassende Strafrechtsreform. Nun werden zumindest die Bundesgefängnisse, in denen 210.000 nach dem Bundesrecht verurteilte Männer und Frauen sitzen, etwas leerer. Bis Sonntag sollen rund 6000 dieser Häftlinge vorzeitig entlassen werden.
Das ist zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber Obama und andere Befürworter dieses Schrittes hoffen auf eine Signalwirkung. Dass die USA der Weltmeister im Inhaftieren sind, ist ein Stigma, das dem Land international anhaftet. So hat nach Angaben des "Time"-Magazins jedes 14. Kind in den USA schon einmal erlebt, dass zumindest ein Elternteil hinter Gittern saß.
Und der Strafvollzug spiegelt auch die anhaltende Diskriminierung von Minderheiten, insbesondere der Schwarzen, wider. Machen Afroamerikaner und Latinos 30 Prozent der Bevölkerung aus, stellen sie 60 Prozent der Gefangenen in den USA, wie Obama selber kürzlich vorrechnete. Der Gefängnisbetrieb verschlingt auch enorm viel Geld: 80 Milliarden Dollar im Jahr. Das sind Gelder, so sagen Kritiker, die anders viel besser eingesetzt werden könnten - zur Vorbeugung und Rehabilitation.
Jeder zweite sitzt wegen Drogen ein
Dass die US-Gefängnisse so überfüllt sind, hat viel damit zu tun, dass die Strafen hier deutlich härter sind als in vielen anderen Ländern. Als die USA in den 1980er Jahren von einer Welle der Drogenkriminalität überrollt wurden, erklärte der damalige Präsident Ronald Reagan in einer Fernsehansprache dem Drogenhandel den Krieg. Es wurden verschärfte Gesetze eingeführt, die auch für kleinere und gewaltfreie Drogendelikte eine zwingende Mindeststrafe vorsahen. So sitzt nach Angaben des zuständigen Bundesamts auch heute fast die Hälfte aller Menschen in Bundeshaftanstalten wegen Rauschgiftdelikten ein.
Die ersten von insgesamt 6112 zur vorzeitigen Entlassung vorgesehen Bundesgefangenen sollen noch an diesem Freitag freikommen. Ein Drittel sind ausländische Bürger, die früher oder später in ihr Heimatland abgeschoben werden sollen. Von den übrigen befanden sich 80 Prozent vor ihrer jetzigen Strafverkürzung bereits in Übergangshäusern oder Hausarrest. Die restlichen 850 Straftäter werden direkt aus Bundesgefängnissen zum Bewährungshelfer geschickt.
Weitere Entlassungen könnten folgen
Die vorzeitigen Entlassungen sind das Ergebnis einer Kommissionsentscheidung, Strafmaße für Drogentäter um durchschnittlich zwei Jahre zu verkürzen. Schon im Juli hatte Obama 46 verurteilte Drogenkriminelle begnadigt: Sie alle hatten keine Gewaltverbrechen begangen, aber die meisten waren trotzdem zu mindestens 20 Jahren Haft verurteilt worden. Aber Amerika sei doch im Herzen ein Land der zweiten Chancen, mahnte Obama damals.
Der Präsident will neben einer generellen Abschaffung der Mindeststrafen unter anderem auch bessere Rehabilitierungsprogramme und mehr Chancen für entlassene Straftäter auf dem Arbeitsmarkt. Außerdem hat er eine Überprüfung der "zu häufig angewendeten" Einzelhaften angeordnet.
Die Aussicht, dass ein großer Teil der Pläne am Ende Wirklichkeit wird, ist gut. So hat sich ein parteiübergreifender Konsens herausgebildet, dass eine umfassende Bundesstrafrechtsreform nötig ist. Auf jeden Fall werden die vorzeitigen Entlassungen gemäß der Entscheidung der Kommission auch unter dem nächsten Präsidenten weitergehen. So könnten bis zu 46.000 Häftlinge in den Genuss der neuen Strafminderungen kommen.
Quelle: ntv.de, Marcus Born, dpa