Politik

Anti-Spionage-Pakt und leere Versprechen USA wollen nur begrenztes Abkommen

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(Foto: imago stock&people)

Washington bleibt skeptisch. Ein US-Regierungsvertreter glaubt nicht an ein weitreichendes Spionageabkommen zwischen den USA und Deutschland. Große Bedenken hat auch der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Ischinger.

Deutschland kann nach Einschätzung eines US-Regierungsvertreters nicht auf ein weitreichendes Spionageabkommen mit den USA hoffen. "Wir sprechen derzeit nicht über einen umfassenden Anti-Spionage-Pakt, aber wir sind uns einig, dass wir daran arbeiten müssen, das Verständnis zwischen unseren Ländern zu verbessern, und wenn wir das richtig tun, kann es unsere Beziehungen stärken", sagte ein Vertreter der Regierung von US-Präsident Barack Obama.

In deutschen Medien war darüber spekuliert worden, dass Deutschland möglicherweise dem Abkommen der USA mit Großbritannien, Kanada, Neuseeland und Australien beitreten wolle. Der Pakt ist unter dem Namen "Five Eyes" (Fünf Augen) bekannt. Das sei aber unwahrscheinlich, sagte ein ehemaliger US-Geheimdienstler: Dafür müssten alle fünf Länder zustimmen.

Stattdessen könnten sich die USA verpflichten, die deutsche Regierung nicht mehr abzuhören und auch deutsche Unternehmen nicht aus wirtschaftlichen Gründen auszuspionieren, sagte er. Derartige Versprechen seien allerdings wohl weitgehend leerer Natur.

Ischinger skeptisch

Ischinger kritisiert das Ausspähen unter Freunden.

Ischinger kritisiert das Ausspähen unter Freunden.

(Foto: imago stock&people)

Auch der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, warnte vor zu hohen Erwartungen an ein Anti-Spionage-Abkommen zwischen den USA und Deutschland. Das angestrebte Abkommen werde die US-Geheimdienste wohl nur "in sehr beschränktem Umfang" bei ihrer Arbeit bremsen, sagte Ischinger zum Auftakt einer Tagung der Sicherheitskonferenz in Washington. Eine derartige Vereinbarung wäre in erster Linie "eine vertrauensbildende Maßnahme".

Ischinger erklärte, ein Abkommen werde die Basis für eine Verbesserung der transatlantischen Beziehungen sein. Dabei sei es "wünschenswert", wenn Washington ähnliche Vereinbarungen mit anderen europäischen Ländern wie Frankreich anstrebe, damit es keine "Privilegierung" der Bundesrepublik gebe.

Zugleich zeigte der frühere deutsche Botschafter in Washington Verständnis für die Aktivitäten der US-Geheimdienste. "Vergessen wir nicht, dass Teile der Attentäter von 9/11 aus Hamburg kamen", sagte der frühere deutsche Botschafter in den USA. Auch Deutschland und andere Staaten würden zudem Spionage "zur Gefahrenabwehr" betreiben.

Ischinger: Freihandelsverhandlungen fortsetzen

Das Ausspähen von Merkel und anderen Spitzenpolitikern verbündeter Staaten sei dennoch "einfach ungehörig" und eine "Bürde" für das transatlantische Verhältnis, ergänzte Ischinger. Erneut warnte er aber davor, die Gespräche über die geplante Freihandelszone zwischen den USA und der Europäischen Union auszusetzen: Das käme seiner Ansicht nach einem "Schuss ins eigene Knie" gleich.

Ischinger forderte die Europäer und Amerikaner auch in anderen Bereichen zur weiteren engen Zusammenarbeit auf. "Wir dürfen die anderen Themen jetzt nicht unter den Tisch fallen lassen", sagte er. Konkret nannte er internationale Probleme wie den Bürgerkrieg in Syrien, das umstrittene Atomprogramm des Irans oder den Nahost-Friedensprozess.

Nach Enthüllungen über die Bespitzelung von Bundeskanzlerin Angela Merkel durch den US-Geheimdienst NSA bemüht sich Deutschland um ein "No-Spy-Abkommen" mit den USA, das auch zu einer verstärkten Zusammenarbeit der Geheimdienste beider Länder führen soll. In der vergangenen Woche hatten der außenpolitische Berater im Bundeskanzleramt, Christoph Heusgen, und Geheimdienstkoordinator Günter Heiß dazu Gespräche in Washington geführt. Auch die Präsidenten des Bundesnachrichtendiensts und Bundesverfassungsschutzes, Gerhard Schindler und Hans-Georg Maaßen, beraten in diesen Tagen mit ihren US-Kollegen über Konsequenzen aus der NSA-Affäre.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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