Politik

Kriegsnacht im Überblick Ukraine wertet Währung stark ab - Selenskyj optimistisch bei Getreideabkommen

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Der fehlende Weizenexport setzt die ukrainische Wirtschaft unter Druck. Präsident Wolodymyr Selenskyj ist jedoch optimistisch: Eine Einigung zwischen Russland und der Ukraine über Getreideausfuhren ist in Sicht. Derweil beschließt die EU das siebte Sanktionspaket, während Saudi-Arabien weiterhin mit Russland zusammenarbeiten will.

EU sanktioniert Gold aus Russland

Im neuen Sanktionspaket der EU, das am späten Donnerstagabend im EU-Amtsblatt veröffentlicht wurde, tauchen 57 Namen und Organisationen auf - darunter der Chef der russischen Rüstungsholding Rostech und die russische Sberbank. Begrenzt wurde aber vor allem die Ausfuhr russischen Goldes. Das russische Außenministerium bezeichnete die neuen EU-Sanktionen als zwecklos, rechtswidrig und gefährlich für die gesamte Weltwirtschaft.

Der Importstopp für Gold und Goldschmuck aus Russland in die EU gilt auch dann, wenn die Ware vorher in ein Drittland verkauft wurde. Nach Angaben der EU-Kommission gibt es Ausnahmen für persönlichen Goldschmuck auf Privatreisen. Zudem wurden Sanktionen gegen die größte russische Bank ausgeweitet: Die Sberbank gehört künftig zu jenen Finanzinstituten, deren Geld und sonstige Ressourcen eingefroren werden können. Zudem dürfen der Bank keine finanziellen oder anderweitigen Mittel mehr zur Verfügung gestellt werden. Auch hier gibt es nur wenige Ausnahmen.

Es ist das siebte Paket, auf das sich die 27 EU-Länder geeinigt haben, um auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu reagieren. "Das sendet ein starkes Signal an Moskau: Wir werden den Druck so lange wie nötig aufrechterhalten", teilte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf Twitter mit.

Russland und Saudi-Arabien wollen weiter kooperieren

Derweil sind nach russischer Darstellung die Bestrebungen des Westens gescheitert, Russlands Einnahmen im Ölsektor zu deckeln. Der Kreml berichtete von einem Telefonat von Präsident Wladimir Putin mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman. Dabei hätten sich beide Seiten dafür ausgesprochen, sich weiter im Rahmen des Konglomerats OPEC Plus abzustimmen, um den Ölpreis stabil zu halten. US-Präsident Joe Biden hatte versucht, die saudische Führung zu einer Steigerung der Ölproduktion zu bewegen, um den Ölpreis zu senken, von dem Russlands Kriegskasse abhängig ist.

Ukrainische Wirtschaft und Währung unter Druck

Die Ukraine musste ihre Landeswährung um 25 Prozent abwerten. Dies sei mit Blick auf die veränderte wirtschaftliche Lage in Kriegszeiten und den stärker gewordenen US-Dollar geschehen, begründete die Notenbank den Schritt. Gleichzeitig zog sie die Kapitalverkehrskontrollen an. So können Menschen von ukrainischen Konten nun monatlich nur noch umgerechnet knapp 800 Euro ins Ausland überweisen. Bisher war dieser Betrag dreimal so hoch gewesen.

Grund für die schlechte Wirtschaftslage sind auch ausbleibende Einnahmen aus den Getreideexporten. Vor dem Krieg war die Ukraine weltweit einer der größten Exporteure auf dem Gebiet. Wegen der inzwischen fast fünfmonatigen Seeblockade durch Russland stecken im Land aber immer noch etwa 20 Millionen Tonnen Getreide fest, die auf dem Weltmarkt - vor allem in Asien und Afrika - dringend benötigt werden. Die Vereinten Nationen warnten zuletzt schon vor der größten Hungersnot seit Jahrzehnten.

Ausfuhr von Millionen Tonnen Getreide geplant

Doch es besteht Hoffnung - und das sehr konkret. Nachdem sich unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten in der vergangenen Woche eine grundsätzliche Einigung zwischen Moskau und Kiew über die Aufhebung der Blockade abgezeichnet hatte, ist nun auch die Unterzeichnung einer formalen Vereinbarung geplant. Die Umsetzung des Abkommens - und damit die Ausfuhr von Nahrungsmitteln aus der Ukraine - könnte jedoch Wochen dauern. Westliche Diplomaten merkten an, es sei noch immer möglich, dass Moskau die Vereinbarungen bei der Umsetzung durch vorgeschobene Gründe scheitern lassen könnte.

Eine Einigung zum Ende der russischen Getreideblockade im Schwarzen Meer sieht ein gemeinsames Kontrollzentrum in Istanbul vor, das von den Vereinten Nationen geleitet und mit Vertretern Russlands, der Ukraine und der Türkei besetzt sein soll. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen in New York. Das angestrebte Abkommen zu den ukrainischen Getreidelieferungen sieht vor, dass in dem Kontrollzentrum in Istanbul auch die genauen Koordinaten für den humanitären Korridor auf dem Seeweg zwischen der Ukraine und dem Bosporus festgelegt werden.

Selenskyj gibt sich doppelt optimistisch

Nicht nur bei den Getreideverhandlungen, sondern auch mit Blick auf die militärische Lage gab sich der ukrainische Präsident Selenskyj optimistisch. Bei einem Treffen mit den Chefs der Aufklärung, des Militärs und des Innenministeriums sei die Lage an der Front und die Versorgung der eigenen Truppen mit neuen Waffen besprochen worden. Wir "waren uns einig, dass wir ein erhebliches Potenzial haben, unsere Streitkräfte an der Front voranzubringen und den Besatzern erhebliche neue Verluste zuzufügen", sagte Selenskyj.

Das wird am Freitag wichtig

  • Die Einigung im Streit um die Getreideausfuhren aus der Ukraine soll am Freitag um 15:30 Uhr (MESZ) in Istanbul unter anderen von UN-Generalsekretär António Guterres und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan unterzeichnet werden. Wer für die Delegationen Russlands und der Ukraine anreist, ist noch unklar. Die nun offenbar erzielte Einigung könnte der wohl größte Vermittlungserfolg der Vereinten Nationen seit Kriegsbeginn sein - und zugleich der bislang bedeutendste Kompromiss zwischen Moskau und Kiew in dem Konflikt.

Alle weiteren Entwicklungen können Sie in unserem Liveticker zum Ukraine-Krieg nachlesen.

Quelle: ntv.de, cls/dpa

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