Tote und Verletzte Ukrainische Soldaten wehren Angriff ab
17.04.2014, 04:48 Uhr
Ukrainische Soldaten in der Nähe der Stadt Kramatorsk.
(Foto: REUTERS)
Der Krisengipfel zur Ukraine soll eine diplomatische Lösung ermöglichen. Aus dem Osten des Landes werden jedoch erneut Kämpfe zwischen moskautreuen Gruppen und dem Militär gemeldet. Dabei sterben offenbar drei Menschen.
Bei einem Angriff auf ukrainische Soldaten im Südosten des Landes sind nach Angaben des ukrainischen Innenministers Arsen Awakow drei Menschen getötet worden. 13 weitere wurden verletzt. Mitglieder der ukrainischen Nationalgarde hätten in der Stadt Mariupol eine nächtliche Attacke von rund 300 Bewaffneten abgewehrt, sagte Awakow. Unter den Truppen des Innenministeriums habe es keine Verletzten gegeben. 63 Angreifer seien festgenommen worden. Die russische Agentur Interfax hatte zuvor unter Berufung auf eine regionale Internetseite von vier Todesopfern berichtet.
Die genauen Umstände des Zwischenfalls waren unklar. Dem Ministerium zufolge waren Bewaffnete zu dem Stützpunkt gezogen und hatten von den Soldaten verlangt, sich dem Aufstand gegen die Übergangsregierung in Kiew anzuschließen. Sie hätten auch versucht, auf das Gelände vorzudringen.
Gespräche in Genf
Derweil soll ein Spitzentreffen in Genf eine politische Lösung anbahnen. Am Morgen wollen sich die Außenminister der USA, Russlands und der Ukraine sowie die Außenbeauftragte der Europäischen Union an einen Tisch setzen. Doch in der Ostukraine bleibt die Lage gespannt.
In der Stadt Mariupol nahe der russischen Grenze griffen Bewaffnete in der Nacht dem Innenministerium zufolge einen Stützpunkt der Nationalgarde an. Die Soldaten der Basis in Mariupol hätten Warnschüsse abgegeben, hieß es zunächst. Doch am Morgen teilte das Innenministerium mit, bei dem Angriff seien drei Menschen getötet worden. Zudem habe es 13 Verletzte gegeben.
Dem Innenministerium zufolge verlangten die Angreifer von den Soldaten, sich dem Aufstand gegen die Übergangsregierung in Kiew anzuschließen. Sie hätten auch versucht, in das Gelände einzudringen. Offenbar wurde der Angriff zurückgeschlagen.
In mehreren Orten der Ostukraine halten moskautreue Gruppen seit Tagen Verwaltungsgebäude besetzt. Sie fordern einen föderalen Staat mit weitgehenden Autonomierechten für das russisch geprägte Gebiet. Der Regierung in Kiew droht die Lage zu entgleiten. Kurz vor dem Genfer Krisentreffen kritisierte Russland die USA. Indem die USA den Militäreinsatz gegen prorussische Separatisten in der Region rechtfertigten, unterstützten sie einen "Krieg gegen das Volk", erklärte das Außenministerium in Moskau. Zugleich warf Russland den USA doppelte Standards vor. So verteidige Washington den Sturz der rechtmäßigen Regierung als Volksaufstand, kritisiere aber die Proteste im Osten als Terrorismus.
Im Westen stoßen die Darstellungen Russlands auf Kritik. So sprach der britische UN-Botschafter Mark Lyall Grant von "Fantasiegeschichten". Seine US-Kollegin Samantha Power sagte, Russland hetze Menschen auf und fördere Separatismus und Sabotage in der Ukraine. Der Sicherheitsrat kam zu einer Sondersitzung zusammen, um über einen UN-Bericht zur Lage in der Ostukraine zu sprechen. Darin heißt es, zwar gebe es Angriffe auf ethnische Russen. Diese seien aber Einzelfälle und nicht systematisch. Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin wies den Bericht als einseitig zurück.
USA plant Sanktionen gegen Russland
Die Nato hatte zuvor beschlossen, Flugzeuge, Schiffe und Soldaten nach Osteuropa zu schicken, um in der Ukraine-Krise Stärke gegenüber Russland zu demonstrieren. Deutschland beteiligt sich zunächst mit einem Schiff und sechs Flugzeugen. Die Nato reagierte damit auf Bitten der drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland sowie Polens und Rumäniens. Der militärische Oberkommandeur, US-General Philip Breedlove, betonte, die Maßnahmen seien keine Bedrohung Russlands, sondern "von Natur aus defensiv". US-Regierungssprecher Jay Carney sagte an Bord des Präsidentenflugzeugs "Air Force One", die USA bereiteten "aktiv" neue Sanktionen gegen Russland vor. Diese könnten möglicherweise bereits an diesem Donnerstag verkündet werden, wenn das Treffen in Genf nicht den gewünschten Fortschritt bringt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet von dem Treffen Impulse für eine Verhandlungslösung, wie Vize-Regierungssprecher Georg Streiter sagte. Merkel hatte zuvor erneut mit Kremlchef Wladimir Putin telefoniert und ihn nachdrücklich zu Mäßigung aufgerufen. Moskau weist seit Tagen alle Anschuldigungen zurück, es schüre die Unruhen im Nachbarland und habe Soldaten ohne Hoheitsabzeichen über die Grenze geschickt. Putin beklagte im Gegenzug, der Einsatz ukrainischer Truppen in den östlichen Grenzregionen bringe das Land an den Rand eines Bürgerkriegs. In einem Gespräch mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warnte er vor einem Scheitern des Krisengesprächs in Genf. Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk erhob seinerseits Vorwürfe gegen Russland: "Außer Öl und Gas exportiert Russland auch Terror in die Ukraine." Russland müsse seine "Spionage- und Sabotagegruppen" zurückziehen.
Das Verteidigungsministerium in Kiew räumte derweil ein, dass sechs gepanzerte Fahrzeuge an prorussische Separatisten verloren gegangen sind. Die Militärwagen seien in der östlichen Stadt Kramatorsk von Anwohnern unter Anleitung von bewaffneten Aktivisten blockiert und dann übernommen wurden. Wo sich die Besatzungen aufhielten, werde noch geprüft. Nach Aussage der Separatisten liefen Soldaten über, die den Aufstand mit einem "Anti-Terror-Einsatz" niederschlagen sollten. Zuvor hatte Kiew den Verlust der Fahrzeuge dementiert. Auch in Slawjansk liefen Regierungseinheiten mit gepanzerten Fahrzeugen zu moskautreuen Aktivisten über. Bewohner berichteten, dass sich aus Angst kaum noch jemand auf die Straße traue.
Quelle: ntv.de, ame/dpa