Druck der EU zeigt Wirkung Ungarn lenkt im Medien-Streit ein
07.01.2011, 14:18 UhrLange Zeit wehrte sich Ungarn gegen die heftige Kritik am neuen Mediengesetz des Landes. Nun knickt Budapest unter dem Druck der EU ein: Wenn die EU es ausdrücklich verlange, werde Ungarn das Gesetz ändern, erklärte Ministerpräsident Orban nach einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsident Barroso.
Nach massiver internationaler Kritik gibt Ungarn nach und hat eine Änderung seines umstrittenen Mediengesetzes in Aussicht gestellt. "Wir sind bereit zu Änderungen, wenn sich in der praktischen Umsetzung zeigt, dass dies notwendig sein sollte", sagte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban in Budapest nach einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.
Streit überschattet Ratspräsidentschaft
Wenn die "rechtliche Bewertung der EU" feststelle, dass das Gesetz gegen EU-Recht verstoße, dann werde seine Regierung dafür eine Lösung finden, sagte Orban. "Ich bin aber sicher, dass dies nicht der Fall sein wird." Auf jeden Fall solle der Streit um das Gesetz nicht die ungarische EU-Ratspräsidentschaft belasten.
Ungarn hat zum Jahreswechsel turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft von Belgien übernommen. Bei dem Treffen in Budapest sollte die ungarische Ratspräsidentschaft im Mittelpunkt stehen, Barroso wollte aber auch das Mediengesetz ansprechen.
Der Beginn der ungarischen Ratspräsidentschaft wird vom Streit um das Gesetz überschattet. "Die Ungarn übertreffen sogar die Tschechen", sagte ein europäischer Diplomat in Anspielung auf die tschechische EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2009, die durch den Sturz der Regierung durch ein Misstrauensvotum und Äußerungen des EU-skeptischen Staatschefs Vaclav Klaus geprägt war.

Der ungarische Ministerpräsident Orban will nun offenbar doch auf die Stimme der EU hören.
(Foto: REUTERS)
Die Regierungen Deutschlands und Frankreichs hatten das Gesetz in den vergangenen Tagen kritisiert. Die für digitale Medien zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes hatte bereits vor Weihnachten in einem Brief an Budapest Zweifel an der Rechtmäßigkeit des am 1. Januar in Kraft getretenen Gesetzes angemeldet. Vor allem äußerte sie Bedenken hinsichtlich des neu eingerichteten Medienrats, dem mehrere Mitglieder der Regierungspartei angehören. Das Gremium kann Medien wegen "nicht ausgewogener" Berichterstattung mit hohen Geldbußen von bis zu 200 Millionen Forint (720.000 Euro) belegen.
Schmitt will abwarten
Ungarns Staatspräsident Schmitt, der weitgehend repräsentative Aufgaben wahrnimmt, empfahl abzuwarten, wie das Gesetz in der Praxis wirke. "Dann können wir Änderungen verlangen, falls die Erfahrung zeigt, dass dies notwendig sein sollte." Schmitt gehört der rechtskonservativen Partei Fidesz von Ministerpräsident Orban an und hatte das Gesetz unterzeichnet.
Luxemburgs Außenminister Asselborn forderte in der "Welt", die EU-Kommission müsse der verhelfen. "Es ist offensichtlich, dass das ungarische Mediengesetz demokratische Grundregeln verletzt und insbesondere Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union." Der Artikel hält das Recht auf freie Meinungsäußerung fest und fordert die Achtung von Freiheit und Pluralität der Medien.
"Ungarn geht einen Weg, der extrem gefährlich ist und von der Demokratie wegführt", sagte Asselborn. "Wenn das Schule macht, wird die Glaubwürdigkeit der Europäer gefährdet". Die EU könne keinen Dialog über Menschenrechte führen, wenn sie diese "nach innen selbst verletzt" würden.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, die Bundesregierung werde eine "abschließende Äußerung" wie die von Asselborn derzeit nicht vornehmen. Zunächst müsse die EU-Kommission den Gesetzestext prüfen und eine Stellungnahme abgeben. Sollte dann aber festgestellt werden, dass das Gesetz im Widerspruch zu europäischem Recht stehe, dann sei Ungarn "verpflichtet", Veränderungen vorzunehmen. Seibert betonte, dass Ungarn sich durch den Beitritt zur EU europäischen Werten verpflichtet haben. "Freiheit ist der oberste aller europäischen Werte", sagte Seibert.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa