"Das System ganz neu denken" Union sieht 40 Milliarden Sparpotenzial im Gesundheitswesen
01.11.2025, 01:30 Uhr Artikel anhören
Blutspendeaktion zu Halloween: Auch bei den Kliniken sollte gespart werden, fordert die Union.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Reform des Gesundheitssystems könnte schmerzhaft werden: Die Arbeitgeber wollen die Praxisgebühr wiedereinführen und die kostenlose Familienversicherung auf den Prüfstand stellen. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Union verweist auf weitere riesige Finanzpolster.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Simone Borchardt, hat umfassende Strukturreformen im Gesundheitswesen angemahnt. "Wir müssen den Mut haben, echte Reformen anzugehen, die das System als Ganzes neu denken", sagte Borchardt den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Einzelne Sparmaßnahmen oder kleine Korrekturen reichten nicht mehr aus - nötig sei ein "ganzheitlicher Ansatz, der Finanzierung, Strukturen und Versorgung gemeinsam betrachtet - ohne Denkverbote".
Borchardt betonte, dass im Gesundheitssystem erhebliche Effizienzreserven lägen. Schätzungen zufolge könnten bis zu 40 Milliarden Euro eingespart werden. In diesem Zusammenhang äußerte sie Verständnis für die jüngsten Vorschläge der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), die unter anderem höhere Zuzahlungen, eine obligatorische Kontaktgebühr beim Arztbesuch und Einschränkungen der Familienversicherung ins Gespräch gebracht hatte. "Die Vorschläge des BDA greifen zentrale Punkte auf, die im Gesundheitssystem längst überfällig sind", sagte Borchardt. Zugleich machte sie deutlich, dass es mehr brauche als punktuelle Sparmaßnahmen, um die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zukunftsfest zu machen.
Die CDU-Politikerin verwies auf die Arbeit der GKV-Finanzkommission, deren Ergebnisse zunächst abgewartet werden sollten. Alle Akteure - Politik, Krankenkassen, Leistungserbringer, Arbeitgeber und Versicherte - müssten gemeinsam Verantwortung übernehmen. "Nur dann kann eine Reform nachhaltig gelingen", so Borchardt.
Millionen von Behandlungen wären ambulant zu machen
Besonderen Handlungsbedarf sieht sie in einer besseren Steuerung der Versorgung, im Ausbau digitaler Prozesse und in einer engeren Verzahnung zwischen ambulanter und stationärer Medizin. Etwa vier Millionen Behandlungsfälle könnten laut Borchardt bereits heute ambulant erfolgen - das würde Kosten senken, Personal entlasten und Patientinnen und Patienten zugutekommen. Auch künstliche Intelligenz und digitale Dokumentation könnten helfen, Abläufe zu vereinfachen und Prozesse zu beschleunigen.
Darüber hinaus forderte Borchardt, die strukturelle Schieflage bei den sogenannten versicherungsfremden Leistungen zu beenden. "Rund zehn Milliarden Euro pro Jahr belasten die Krankenkassen mit Aufgaben, die eigentlich aus Steuermitteln finanziert werden sollten", sagte sie. Derzeit übernehmen die Versicherten großteils die Kosten für die Krankenversicherung von Bürgergeldempfängern und nicht der Bund. Nur wenn effiziente Strukturen, digitale Innovation, Prävention und eine faire Finanzarchitektur zusammengedacht würden, könne die gesetzliche Krankenversicherung "wirklich zukunftsfest" werden.
Quelle: ntv.de, mau