Politik

Brief an Merkel "Unverständnis, zum Teil auch Angst"

Bundeskanzlerin Merkel erhielt am Mittwochvormittag Besuch von den Apfelköniginnen Luisa Heinrich aus Mecklenburg-Vorpommern und Katharina Steenbock aus Schleswig-Holstein. Links im Bild: Agrarminister Christian Schmidt von der CSU.

Bundeskanzlerin Merkel erhielt am Mittwochvormittag Besuch von den Apfelköniginnen Luisa Heinrich aus Mecklenburg-Vorpommern und Katharina Steenbock aus Schleswig-Holstein. Links im Bild: Agrarminister Christian Schmidt von der CSU.

(Foto: dpa)

Eine Gruppe von Landes- und Lokalpolitikern der CDU hat Kanzlerin Merkel eindringlich aufgefordert, "den Flüchtlingsstrom zügig zu verringern". Im Interview mit n-tv.de sagt Mitinitiator Marc Reinhardt: "Wir müssen vom Ankündigen zum Umsetzen kommen."

n-tv.de: Wie kam es zu dem Brief?

Marc Reinhardt ist Vorsitzender des Innenausschusses im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern.

Marc Reinhardt ist Vorsitzender des Innenausschusses im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern.

(Foto: dpa)

Marc Reinhardt: Wir Initiatoren des Briefes kennen uns aus der Jungen Union und aus der CDU über die Ländergrenzen hinweg. Uns allen fiel täglich in politischen und in privaten Gesprächen auf, dass es in der Bevölkerung und in der Parteibasis zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung viele Fragen gibt, dass Unverständnis, zum Teil auch Angst herrschen. Diese Stimmung wollten wir aufnehmen und in einem Brief an die Bundeskanzlerin und Parteivorsitzende weiterleiten.

Glauben Sie wirklich, dass es möglich ist, "den gegenwärtigen Flüchtlingszustrom zügig und effektiv zu verringern", wie es in dem Brief gefordert wird?

Die Maßnahmen, die die Bundesregierung ergriffen und die der Bundestag beschlossen hat, unterstützen wir - das steht ja auch ausdrücklich in dem Brief. Aber nach wie vor kommen täglich mehrere Zehntausend Flüchtlinge nach Deutschland. Wir glauben daher, dass wir eine europäische Verteilquote brauchen. Es kann nicht sein, dass Deutschland diese Flüchtlingskrise alleine löst. Und wir glauben, dass die EU-Außengrenzen deutlich besser gesichert werden müssen, damit schon dort Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern registriert und in ihre Heimat zurückgeschickt werden. Drittens ist es dringend erforderlich, Länder wie die Türkei, Jordanien oder Libanon, in denen sich viele Flüchtlinge aufhalten, mit Geld, Logistik und humanitärer Hilfe zu unterstützen, damit die Flüchtlinge gar nicht erst in die Not geraten, sich auf einen so weiten und gefährlichen Weg zu machen. Weil viele Flüchtlinge aber schon unterwegs sind, muss man auch an der deutschen Grenze Kontrollen durchführen und Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern möglichst schnell in ihre Heimat zurückschicken. Wenn das nicht passiert, werden der Bund und die Länder es nicht mehr lange bewerkstelligen können, so viele Flüchtlinge aufzunehmen.

Strebt die Bundeskanzlerin das alles nicht ohnehin an?

Wenn es so wäre, würde es mich freuen, aber ganz so ist es, glaube ich, noch nicht. Uns geht es darum, ein solches Programm jetzt auch möglichst schnell umzusetzen. Genau das ist auch die Stimmung in der Bevölkerung: Wir müssen vom Ankündigen zum Umsetzen kommen.

Die Kanzlerin würde vermutlich argumentieren, dass das so schnell nicht geht, dass sie auf die Kooperation der Türkei und der anderen EU-Staaten angewiesen ist. Merkel kann ja nicht mit dem Finger schnippen und alles ist wieder wie vorher.

Das hat auch keiner behauptet. Aber wir brauchen jetzt Ergebnisse. Die Stimmung an der Basis wird von Tag zu Tag unruhiger. Deshalb halte ich es für richtig, dass wir diesen Brief geschrieben haben. Wenn die Kanzlerin das als Unterstützung für ihre Politik sieht und es dadurch schneller geht – umso besser.

Sie fordern "klare Botschaften zur begrenzten deutschen Aufnahmekapazität an die Herkunftsländer". Was bedeutet das konkret?

Wir werden weiterhin Flüchtlinge aufnehmen müssen, weil die Situation in Syrien und im Irak so ist, wie sie ist. Wir werden dazu ein festes Kontingent brauchen, das dann aber auch über alle EU-Staaten hinweg verteilt werden muss. Am Ende ist klar: Das Recht auf Asyl besteht, aber irgendwann wird Deutschland an seine Grenzen stoßen. Für Europa ist die Lösung dieses Problems eine Existenzfrage.

Gab es aus der CDU-Zentrale eigentlich Versuche, den Brief zu stoppen oder einzelne Politiker daran zu hindern, ihn zu unterschreiben?

Nein, nach meinen Erkenntnissen gab es das nicht.

Mit Marc Reinhardt sprach Hubertus Volmer

Quelle: ntv.de

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