Politik

Ampel plant Gipfel mit Verbänden Verständnisvoller Scholz geht auf Bauern zu

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Kanzler Scholz hat Verständnis für die Bauern und lädt sie kommenden Montag zum Gespräch ein.

Kanzler Scholz hat Verständnis für die Bauern und lädt sie kommenden Montag zum Gespräch ein.

(Foto: picture alliance / PIC ONE)

Infolge erster Bauern-Proteste nimmt die Ampel-Koalition eine Subventionskürzung zurück. Vielen Landwirten reicht das nicht. Kanzler Scholz hat Verständnis und will mit den Bauern sprechen. Ändern werde das aber nichts, sagt zumindest Bundeswirtschaftsminister Habeck.

Nach tagelangen Protesten gegen die geplanten Agrar-Kürzungen geht die Ampel-Koalition auf die Bauern zu. Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte Verständnis für die Proteste und bot den Landwirten einen Dialog an. Die Spitzen der Koalitionsfraktionen luden die Vorsitzenden der acht Bauernverbände für Montag zu einem Gespräch nach Berlin ein.

SPD-Chef Rolf Mützenich machte deutlich, dass er die Diskussion ergebnisoffen führen wolle. Änderungen beim geplanten Abbau der Steuererleichterungen für den Agrar-Diesel schloss er nicht grundsätzlich aus. "Wir ziehen nichts durch, sondern wir diskutieren", betonte er. "Wir nehmen alle Argumente auf und am Ende entscheiden wir."

Vize-Kanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck sieht die Situation allerdings anders. "Das ist ein Einschnitt für die Landwirte, das tut weh. Aber viele andere Entscheidungen tun auch Leuten weh. Wir müssen halt nun mal nach diesem Gerichtsurteil sparen. Das ist der Sinn davon gewesen. Das tun wir jetzt und wir versuchen, die Lasten gleichmäßig zu verteilen", sagte Habeck bei RTL und ntv während seines Israel-Besuchs.

Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner will sich derweil den protestierenden Landwirten stellen. Der Liberale plant laut Ministerium einen Auftritt bei der Demonstration am Montag am Brandenburger Tor. Die Demonstration vor dem Berliner Wahrzeichen am 15. Januar soll nach dem Willen der Veranstalter der Höhepunkt der laufenden Aktionswoche werden.

Rund 500 Demonstranten empfangen Scholz

Die Ampel-Regierung hat mit ihren Plänen für den Abbau der Steuervergünstigungen für Agrardiesel einen Proteststurm der Bauern ausgelöst, der auch durch Zugeständnisse der Regierung nicht gestoppt werden konnte. Am Donnerstag bekam der Kanzler beim Besuch eines neuen Bahnwerks in Cottbus auch direkt zu spüren.

Die Polizei leitete vor seiner Rede eine Kolonne mit Traktoren am Veranstaltungsort vorbei. Dabei war lautes Hupen zu hören. Viele der rund 500 Demonstranten trugen grüne Westen mit der Aufschrift "Ohne uns kein Essen". "Wir leben ja in aufgeregten Zeiten, ein bisschen haben wir das auch gehört", kommentierte Scholz die Proteste. "Und auch das gehört zur Demokratie dazu, dass man sich seine Meinung sagt."

Landesbauernpräsident: Dialogangebot "leider viel zu spät"

Scholz traf sich am Rande der Veranstaltung mit Brandenburgs Landesbauernpräsident Henrik Wendorff. Nach Angaben der Landwirte machte er dabei das Angebot, im Dialog zu bleiben, machte aber keine Zugeständnisse.

"Es ist erkannt worden, dass jetzt - leider viel zu spät - in einen Dialog eingetreten wird, den wir schon lange, lange erwartet haben", sagte Wendorff nach dem Gespräch mit dem Kanzler. Scholz habe ihm gesagt, er werde mit Bundesagrarminister Cem Özdemir sprechen. Mit dem Angebot eines Dialogs zur Suche nach Lösungen werde er aber die Landwirte nicht von heute auf morgen von den Straßen bekommen. "Das reicht nicht."

Einladung der Fraktionschefs für Haupttag der Proteste

Die Proteste der Bauern sollen ihren Höhepunkt am Montag mit einer Demo in Berlin haben. Am Rande wollen sich die Spitzen der Ampel-Fraktionen mit den Bauernverbänden treffen. Eine Einladung dazu verschickten die Fraktionschefs von SPD, Grünen und FDP, Rolf Mützenich, Britta Haßelmann und Christian Dürr bereits am Mittwochnachmittag.

"Bei den aktuellen Demonstrationen wird deutlich, dass es Ihrem Berufsstand jedoch nicht nur um finanzielle Belastungen geht, sondern auch um fehlende Planungssicherheit und wirtschaftliche Perspektiven für die landwirtschaftlichen Betriebe", heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen-Presse-Agentur vorliegt. "Uns ist es wichtig, zu diesen Fragen mit Vertreterinnen und Vertretern der Landwirtschaft in direktem Dialog zu bleiben."

Mützenich: Schauen uns alle Vorschläge der Regierung an

Mützenich machte mit Blick auf das Treffen seine Kompromissbereitschaft deutlich. "Wir schauen uns jetzt alle Vorschläge der Bundesregierung an. Das ist nicht nur Tradition, sondern wohlverstandenes Eigeninteresse", sagte er. "Am Ende werden Entscheidungen in einer Demokratie von denjenigen getroffen, die der Souverän für vier Jahre mit diesem Mandat ausgestattet hat. Und dafür stehe ich auch ein."

Das parlamentarische Verfahren zur Schließung des Milliardenlochs im Bundeshaushalt 2024 beginnt erst anschließend. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte noch am Montag gesagt, dass die Regierung trotz der Proteste zu ihren Kürzungsvorschlägen stehe. Mützenich erinnerte nun daran, dass der Bundestag dabei das letzte Wort habe.

Positive Reaktion auf Gesprächsangebot

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) begrüßte in einer ersten Reaktion die Initiative der Ampel. Ihr Vorsitzender Martin Schulz rief die Regierung und die Fraktionsspitzen dazu auf, "das Ruder in der Agrarpolitik endlich herumzureißen".

Mehr zum Thema

Der Bauernverband gibt sich mit der von der Regierung vorgenommene Entschärfung der Subventionskürzungen weiterhin nicht zufrieden. Präsident Joachim Rukwied setzt nun auf das noch bevorstehende parlamentarische Verfahren. "Jetzt ist es an der Bundesregierung und an den Fraktionen im Deutschen Bundestag, diese Proteste zu beenden", sagte er. "Ein fauler Kompromiss, wie er derzeit auf dem Tisch liegt, kann keine Lösung sein - denn der wird keinen Traktor von der Straße holen."

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken machte den Bauern keine Hoffnung darauf, dass sich die Regierungskoalition noch bewegen wird. "Wir haben uns jetzt darauf verständigt, diese Subvention beim Agrardiesel Schritt für Schritt abzuschmelzen - da sollten wir auch bei bleiben", sagte Esken im RTL/ntv-"Frühstart". Es gehe darum, klimaschädliche Subventionen abzubauen. Dies gelte unter dem Eindruck des Haushalts, es sei aber auch ein generelles Ziel der Koalition.

Quelle: ntv.de, als/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen