Politik

Nur noch raus aus Afghanistan Warnung vor "Abzugswettbewerb"

An einem Kontrollpunkt in der Provinz Logar, die noch unter US-Verwaltung steht.

An einem Kontrollpunkt in der Provinz Logar, die noch unter US-Verwaltung steht.

(Foto: REUTERS)

Australien, Neuseeland, die Niederlande - und jetzt auch Frankreich. Die Staaten, die einen vorzeitigen Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan beschließen, mehren sich. Infolge dessen nehmen auch die warnenden Rufe jener zu, die vor einem "Abzugswettbewerb" warnen. Schließlich sei man auch gemeinsam reingegangen.

Gruppenbild zum Abschluss des G8-Gipfels in Chicago.

Gruppenbild zum Abschluss des G8-Gipfels in Chicago.

(Foto: dapd)

Angesichts des Beharrens Frankreichs auf einem früheren Abzug seiner Kampftruppen aus Afghanistan warnen Politiker und Politikwissenschaftler vor einem Abzugswettbewerb. Der Rückzug sei eine riesige logistische Herausforderung, sagte der Nato-Experte Johannes Varwick im "Deutschlandfunk". "Wenn jetzt einzelne Staaten früher rausgehen und sich gewissermaßen die Rosinen rauspicken, fügt das der Solidarität der Nato großen Schaden zu."

Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte: "Ein Abzugswettlauf der westlichen Demokratien aus innenpolitischen Gründen, das würde die Terrorismusbekämpfung nicht stärken, sondern schwächen."

Frankreichs neuer Staatspräsident François Hollande hatte beim Nato-Gipfel seinen vorzeitigen Kampftruppen-Abzug aus Afghanistan bis Ende des Jahres durchgesetzt. "Wir haben eine gemeinsame Abmachung gefunden", sagte der am Rande des Spitzentreffens in Chicago nach Beratungen. Dagegen sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, Strategie, Ziel und Zeitplan für die Isaf-Truppen seien unverändert. Es werde keinen "Wettlauf zum Ausgang" geben.

Auch Niederlande und Australien rücken eher ab

Bis Ende 2014 soll die Truppe von derzeit insgesamt 130.000 Soldaten stark verringert werden. Neben Frankreich wollen auch die Niederlande, Neuseeland und Australien, das kein Nato-Mitglied ist, vorzeitig aus Afghanistan abrücken. Spannender als die Frage, wer wann rausgehe, sei aber, was nach 2014 passiere, sagte Varwick. Erfolge dürften nicht durch zu wenig Engagement gefährdet werden.

Hollande hatte im Wahlkampf versprochen, die französischen Truppen schon 2012 aus Afghanistan abzuziehen. Sein Festhalten an dieser Forderung nach seinem Wahlsieg hatte die Verbündeten in der Nato verärgert.

Auf die Frage, ob sich Kanzlerin Angela Merkel kritisch zu dem vorzeitigen Abzug geäußert habe, antwortete Hollande knapp: "Sie hat mir nichts gesagt." Merkel hatte sich zuvor sehr deutlich über die französischen Abzugspläne geäußert: "Wir sind gemeinsam nach Afghanistan gegangen und wir wollen auch wieder gemeinsam aus Afghanistan abziehen", betonte sie.

Vorbild Kanada

Nato-Generalsekretär Rasmussen wies darauf hin, dass Hollande trotz des Abzugs eine weitere Unterstützung für den Einsatz zugesagt habe. Damit könnte sich eine Lösung abzeichnen wie im Falle Kanadas, das seine Aufgaben weitgehend auf die Ausbildung afghanischer Kräfte begrenzt hat. "Ich bin zuversichtlich, dass wir die Solidarität in unserer Koalition bewahren werden", sagte Rasmussen.

Auch US-Präsident Barack Obama beschwor den Zusammenhalt: "So wie wir zusammen Opfer gebracht haben für unsere gemeinsame Sicherheit, werden wir entschlossen zusammenstehen, diese Aufgabe zu beenden."

Vertreter der aufständischen Taliban begrüßten Hollandes Plan. "Wir rufen alle anderen Nato-Mitgliedsländer auf, nicht länger für die politischen Interessen der Amerikaner zu arbeiten und der Forderung ihrer Völker nachzukommen, sofort alle Truppen aus Afghanistan abzuziehen", erklärten sie.

Politisch wird Moskau gebraucht

Frankreich habe auch Bedingungen bei der neuen Nato-Raketenabwehr gestellt. Wegen des Projekts dürften die Budgets in den Mitgliedstaaten nicht aus dem Ruder laufen. "Zudem ist der Dialog mit Russland absolut unerlässlich", sagte Hollande. Moskau hat erhebliche Vorbehalte gegen das Vorhaben.

Zur neuen Nato-Raketenabwehr sagte Varwick: "Wir brauchen Russland nicht zwingend technisch in diesem System, aber politisch wäre es sehr viel besser, wenn es mit Russland geht." Die Nato müsse weiter versuchen, Russland zu beteiligen. Der Schlüssel dafür liege aber zum Großteil in Moskau.

"Die Bedenken, die Russland hat, sind zum Großteil nicht rational und könnten in diplomatischen Verhandlungen ausgeräumt werden." So könnten die USA eine schriftliche Erklärung abgeben, dass sich das Abwehrsystem nicht gegen Russland richte, sagte Varwick.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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