Politik

Die Angst vor der Apokalypse Was passiert, wenn Trump Präsident wird?

Eine mögliche Präsidentschaft Donald Trumps erzeugt bei einigen Kritikern Weltuntergangsstimmung.

Eine mögliche Präsidentschaft Donald Trumps erzeugt bei einigen Kritikern Weltuntergangsstimmung.

(Foto: dpa)

Angesichts eines denkbaren Wahlsieges von US-Republikaner Donald Trump zeichnen sich Szenarien seiner Präsidentschaft ab, die von trägem Aussitzen, blankem Chaos und sogar dem "Ende der Politik" erzählen. Möglich ist alles. Und nichts.

Es wäre der größte Triumph im Leben von Donald Trump - der Moment auf den Stufen des Kapitols in Washington, wenn ihm sein Vorgänger, US-Präsident Barack Obama, nach der feierlichen "Inthronisation" als mächtigster Mann im Staat die Hand schütteln muss. Fünf Jahre ist es her, dass Obama den Immobilienmilliardär beim Pressedinner im Weißen Haus öffentlich röstete. Trump hatte zuvor Zweifel daran geäußert, dass der Präsident gebürtiger US-Amerikaner ist. Vor rund 2600 Journalisten, Politikern und Promis zündete Obama daraufhin eine Pointe nach der anderen - auf Kosten von Trump. Bis heute glauben viele, dies sei der Moment gewesen, in dem sich Trump dazu entschied, für das Präsidentenamt zu kandidieren.

Nun wird gewählt. Und tatsächlich steht Trump entgegen aller frühen Prognosen kurz davor, der 45. Präsident der USA zu werden. Der Triumph über Obama (und die Kritiker innerhalb der eigenen Partei) wäre das eine, doch was würde ein Sieg des umstrittenen Republikaners für das Land der unbegrenzten Möglichkeiten bedeuten? Zwar hat Trump während des beispiellos schmutzigen Wahlkampfes der vergangenen Monate so einige Versprechen abgegeben. In Detailfragen blieb er allerdings stets vage. Sein 100-Tage-Programm sieht unter anderem vor, bestehende Freihandels- und Klimaschutzabkommen erneut auf den Prüfstand zu stellen. Auch TTIP stünde unter seiner Administration endgültig vor dem Aus. Stattdessen will er 25 Millionen neue Jobs innerhalb einer Dekade schaffen. Ambitionen, mit denen er vor allem die weiße Unterschicht hinter sich brachte. Es wird nicht lange dauern, bis sie sich enttäuscht von Trump abwendet.

Denn auch er wird nicht in der Lage sein, den US-amerikanischen Markt vorm wachsenden Einfluss der Globalisierung und der sich rasant entwickelnden Industrie 4.0 zu isolieren. Selbst wenn es ihm - wie er behauptet - tatsächlich gelänge, ins Ausland verlagerte Produktionsanlagen und Jobs von US-Firmen zurückzuholen: Den ehemaligen Fabrikarbeitern in den schwächelnden Industrieregionen wird das nicht langfristig helfen. Viele Jobs werden weiter im Ausland bleiben, während andere im Inland von Einwanderern übernommen werden. Daran ändert auch Trumps oft zitierte "große und wunderbare Mauer" an der Grenze zu Mexiko nichts.

Trumps Vision eines weißen Amerikas

Noch kurz vor der Wahl beharrte der Republikaner darauf, die Einwanderung in die Vereinigten Staaten zu begrenzen. Nicht nur der illegalen Migration aus dem Nachbarland will der Republikaner einen Riegel vorschieben - auch das unter Obama beschlossene Programm zur Aufnahme von syrischen Flüchtlingen soll umgehend gestoppt werden. Während der Wahlkampfphase hatte der 70-Jährige wiederholt mit islamfeindlicher Rhetorik für Entsetzen gesorgt. Dass er auch mit seiner Forderung nach einem kompletten Einreiseverbot für Muslime Ernst machen könnte, ist im derzeit herrschenden Klima der Ungewissheit gerade für viele der 3,2 Millionen muslimischen US-Bürger kein utopisches Szenario mehr.

Die politische Kultur ist vergiftet. Diesen "Riss in Amerika" hat US-Philosoph Richard Rorty schon vor knapp 20 Jahren in seinem Buch "Achieving Our Country" für den Fall angekündigt, dass ein Großteil der Wähler das politische System im Land irgendwann als gescheitert betrachtet. Trump ist in dieser Vision der Gegenwart ihr "starker Mann" - einer, der mit seinen hasserfüllten Attacken auf Latinos, Schwarze und Muslime dem schwelenden weißen Rassismus wieder an die Oberfläche geholfen hat. In einem solchen Amerika wird man laut Rorty "am Arbeitsplatz wieder das Wort 'Nigger' hören" und "die als Scherz getarnte Verachtung von Frauen (wird) wieder Mode werden". Trumps chauvinistische Aussetzer gegen Rivalin Hillary Clinton finden darin ein erstaunlich präzises Echo.

Tatsächlich dürfte die US-amerikanische Gesellschaft mit Trump als Präsident einen zivilisatorischen Schritt zurück machen - vor allem, was die Toleranz von Minderheiten angeht. Und das ist kein bloßes Herbeireden eines Horrorszenarios. Laut einer Studie der Georgetown Universität ist allein die Zahl der islamfeindlichen Straftaten im Wahlkampfjahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent gestiegen. Die Verfasser machen dafür auch die islamophobe Rhetorik während des Wahlkampfes verantwortlich. Political correctness ist nicht mehr schick.

Trump plant ohne die politische Elite

Dass Trump die Beleidigungen, Eskapaden und Lügen während des Wahlkampfes in der Wählergunst kaum geschadet haben, wertet der deutsch-amerikanische Literaturprofessor Hans Ulrich Gumbrecht als fatales Signal. Den Wählern sei es kaum mehr um Inhalte gegangen, sondern um die staatsfeindliche Haltung des 70-Jährigen und seine bewussten Provokationen. Trump hat mehrmals betont, die politischen Eliten in Washington das Fürchten lehren zu wollen - etwa indem er die Amtszeit von Kongressabgeordneten per Gesetz begrenzen will. Auch das gefiel den systemkritischen Wählern, die lieber einen "Mann aus der Wirtschaft" im Oval Office sehen würden als einen Berufspolitiker.

Doch lässt sich das alles überhaupt umsetzen? Gumbrecht schildert zwei mögliche Szenarien - das wahrscheinlichste: Trump wird trotz seines schrillen Wahlkampfgetöses "im Weißen Haus um viele Gänge auf eine Form fast vertrauter Vernunft" zurückschalten müssen. Auch er kann nicht allein regieren, zumal er als politischer Amtsträger ein absoluter Neuling ist. Hinzu komme die "Trägheit politischer Institutionen", die ihn ohnehin bremsen werde, schreibt Gumbrecht in der "FAZ". Und dennoch, warnt er, wäre das etablierte politische System in den USA mit einer Präsidentschaft Trumps schwer angeschlagen.

Im Einzug des Republikaners ins Weiße Haus sieht Gumbrecht gar das "Ende der Politik". "Ein Präsident, dessen (dann erfolgreiche) Strategie darin gelegen wäre, sich ganz bewusst auf entscheidende Debatten nicht vorbereitet zu haben", müsse zu einer Schrumpfung des Staates beitragen, so der Professor. Und Gumbrecht geht noch weiter: Ein Amerika, regiert von einem TV-Unternehmer, der das Konzept für seine Reality Show "The Apprentice" zum politischen Stil gemacht hat, könne ins strategische Chaos stürzen. Selbst gewaltsamer Widerstand sei vorstellbar - vor allem seitens derer, "die am meisten zu verlieren hätten": die reichen Eliten. Es wäre, so Gumbrecht, die melodramatische "Hollywood-artige Version" des zusammenbrechenden Amerikas - die "Trump-Apokalypse".

Quelle: ntv.de

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