Sarkozy nimmt Rücktrittsgesuch an Weg frei für Machtwechsel
10.05.2012, 19:13 Uhr
Sarkozy verabschiedet sich offiziell als Präsident.
(Foto: dpa)
Frankreichs alte Regierung tritt ab, an der neuen wird noch getüftelt. Hollande, der jetzt auch offiziell Wahlsieger ist, trifft europäische Spitzenpolitiker - vor dem Treffen mit Merkel. Die Streitthemen zwischen den beiden sind absehbar.
Vier Tage nach der Präsidentenwahl in Frankreich hat die konservative Regierung die Machtübergabe an die Sozialisten unter François Hollande eingeleitet. Premierminister François Fillon reichte offiziell das Rücktrittsgesuch für das Kabinett ein. Der scheidende Staatschef Nicolas Sarkozy ließ wenig später mitteilen, dass er es angenommen habe.
Die Machtübergabe von Sarkozy an Hollande ist für den 15. Mai angesetzt. Der Sozialist will noch am selben Tag einen neuen Premierminister ernennen und nach Berlin zu Bundeskanzlerin Angela Merkel reisen. Die deutsche Regierungschefin hatte sich während des Wahlkampfes hinter den Konservativen Sarkozy gestellt. Mit Hollande ist wegen unterschiedlicher Vorstellungen in Sachen Sparen und Wachstum Streit absehbar.
Der künftige Präsident hatte im Wahlkampf gedroht, , sollte dieser nicht um wachstumsfördernde Maßnahmen ergänzt werden. Zudem setzt er sich für europäische Gemeinschaftsanleihen, sogenannte Eurobonds, ein. "Er wird seine Haltung nicht ändern", sagte Parteisprecher Benoit Hamon im TV-Nachrichtensender BFM, "aus dem einfachen Grund, weil er nun ein Mandat des französischen Volkes hat."
Hollande konsultiert europäische Spitzenpolitiker
Vor dem Hintergrund des Fiskalpaktstreits und der Griechenland-Krise setzte Hollande seine Konsultationen mit europäischen Spitzenpolitikern fort. Nach dem EU-Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy traf er Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Da Hollande noch nicht offiziell ins Amt eingeführt ist, hat er jegliche Stellungnahme zu diesen Gesprächen bisher vermieden.
Der französische Verfassungsrat veröffentlichte das Endergebnis der Präsidentenwahl und erklärte Hollande mit 51,6 Prozent der Stimmen offiziell zum Wahlsieger. "Sein fünfjähriges Mandat beginnt spätestens am 15. Mai um Mitternacht", stellte der Verfassungsratsvorsitzende Jean-Louis Debré fest. Auf Sarkozy entfielen 48,4 Prozent.
Die Machtübergabe in Frankreich wird von schlechten Wirtschaftsnachrichten überschattet. Die Banque de France prognostizierte ein Nullwachstum für das zweite Quartal. Hollande setzt auf ein baldiges Anziehen der Konjunktur, um seine ehrgeizigen Initiativen finanzieren zu können. Auch die Industrieproduktion sank im März. Im Monatsvergleich ging sie um 0,9 Prozent zurück, teilte die Statistikbehörde Insee mit. Zwar hatten Volkswirte mit einem Rückgang gerechnet, ihn aber mit 0,6 Prozent schwächer prognostiziert.
Mit Fillon tritt ein Premierminister ab, der zuletzt deutlich beliebter war als der Präsident. Wegen dieser Tatsache war wiederholt über seine Entlassung durch Sarkozy spekuliert worden. Obwohl beide Politiker medienwirksam mehrfach gemeinsam joggen gingen, war ihr Verhältnis häufig angespannt. Ursprünglich hatte Fillon Journalist werden wollen, zog dann aber als 27-Jähriger als jüngster Abgeordneter in die Nationalversammlung ein.
Länger Premierminister als Fillon war seit Gründung der Fünften Republik 1958 nur Georges Pompidou. Dieser war von 1962 bis 1968 Premierminister und dann von 1969 bis 1974 Staatspräsident.
Quelle: ntv.de