Politik

Wulff-Kanzlei vertrat Geerkens Wenzel wiederholt das L-Wort

Gegen Präsident Wulff gibt es neue Vorwürfe. Er hat womöglich doch geschäftliche Beziehungen zu dem Unternehmer Geerkens gepflegt - entgegen seinen Beteuerungen. Der Grünen-Fraktionschef in Hannover, Wenzel, bezichtigt den CDU-Mann deswegen erneut der Lüge. Die niedersächsische CDU nimmt den Präsidenten dagegen in Schutz.

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im niedersächsischen Landtag, Stefan Wenzel, hat Bundespräsident Christian Wulff erneut der Lüge bezichtigt. "Es wird immer offensichtlicher, dass Wulff nicht nur die halbe Wahrheit gesagt hat, sondern den Landtag nach Strich und Faden hinters Licht geführt hat", sagte Wenzel der "Frankfurter Rundschau". Dagegen nahm die niedersächsische CDU Wulff wegen neuer Vorwürfe in Schutz. Es sei bizarr, wenn von den Grünen versucht werde, wöchentlich eine neue Sau durchs Dorf zu treiben, sagte CDU-Fraktionschef Thümler in Hannover.

Zuvor hatte die ARD berichtet, dass der Osnabrücker Geschäftsmann Egon Geerkens Mandant und Vermieter einer Rechtsanwaltskanzlei war, für die Wulff über Jahre tätig war. Die Kanzlei wies allerdings auf Anfrage darauf hin, dass Wulff schon seit 1994 nicht mehr für sie tätig gewesen sei, auch wenn sein Name weiter im Briefkopf auftauchte. Zu einem möglichen Mandatsverhältnis zu Geerkens könne die Kanzlei aber keine Angaben machen.

Wulffs Anwalt Gernot Lehr unterstrich, sein Mandat sei zu keinem Zeitpunkt Partner der Anwaltsozietät Funk, Tenfelde und Partner gewesen. "Christian Wulff war nur angestellter Anwalt und stellte seine Tätigkeit für die Kanzlei im Jahr 1994 ein." Auch habe er seitdem kein Honorar oder sonstige Vergütungen der Kanzlei erhalten. Wulff sei lediglich damit einverstanden gewesen, dass die Kanzlei seinen Namen im Briefkopf führte und ihm so die Kammerzulassung ermöglichte. Auf diese Weise habe er sich die Möglichkeit zur Rückkehr in den Anwaltsberuf offengehalten. Der Umstand, dass Egon Geerkens Mandant der Kanzlei gewesen sei und ihr die Räume vermietet habe, begründe keine Geschäftsbeziehung zwischen ihm und Wulff, betonte Lehr.

Das heutige Staatsoberhaupt hatte 2008 - damals noch als niedersächsischer Ministerpräsident – 500.000 Euro Privatkredit von der Unternehmergattin Edith Geerkens erhalten. Im Landtag in Hannover hatte Wulff 2010 dieses Darlehen aber nicht angegeben, als er nach geschäftlichen Beziehungen zu Egon Geerkens gefragt wurde - und solche verneint.

Wulffs Verbindung mit Geerkens über die Rechtsanwaltskanzlei zeige "eine weitere geschäftliche Beziehung, die dem Landtag verschwiegen wurde", kritisierte Grünen-Fraktionschef Wenzel. Er hoffe, dass nun auch CDU-Politiker im Bund erkennen, dass es mit Wulff so nicht weitergehe. "Jeder Beamte, der solche Geschäftsbeziehungen verschweigt, muss mit dem Verlust seines Arbeitsverhältnisses rechnen", sagte Wenzel.

Staatsrechtler legt Ermittlungen nahe

Der Grünen-Politiker hatte Wulff bereits in der Debatte über Beteiligungen der Landesregierung an dem umstrittenen Promi-Treff Nord-Süd-Dialog heftig kritisiert. "Wulff ist ein Lügner, und er sollte seinen Hut nehmen, bevor er Recht und Gesetz und Anstand noch mehr in den Dreck zieht", hatte der Grünen-Fraktionschef gesagt. Der Vorwurf hat jedoch keine juristischen Konsequenzen. Mehrere Bürger Anzeige nach Paragraf 90 des Strafgesetzbuchs erstattet. Demnach kann derjenige, der öffentlich in Versammlungen oder Schriften den Bundespräsidenten "verunglimpft", zu einer Geld- oder Haftstrafe verurteilt werden.

Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim kritisierte indessen die Zurückhaltung der Staatsanwaltschaft im Fall Wulff und forderte indirekt, dass auch gegen das Staatsoberhaupt ermittelt wird. "Während sie gegen den früheren Sprecher Olaf Glaeseker ermittelt, wird der Verdacht gegen den Bundespräsidenten in Abrede gestellt. Das ist sehr merkwürdig", sagte von Arnim der "Passauer Neuen Presse". "Beim Bundespräsidenten liegt nach allem, was man weiß, mindestens der Anfangsverdacht einer strafbaren Vorteilsannahme vor."

Nach Informationen der "Frankfurter Rundschau" wird sich die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart mit dem BW-Bank-Kredit von Wulff befassen müssen. Es seien zwei Beschwerden gegen den Beschluss der Staatsanwaltschaft Stuttgart eingegangen, kein Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der Bank und den Bundespräsidenten wegen des Verdachts der Untreue oder der Vorteilsannahme einzuleiten, sagte Staatsanwältin Claudia Krauth dem Blatt. Die Generalstaatsanwaltschaft müsse innerhalb von vier Wochen prüfen, ob die Beschwerden begründet seien.

Wulff weilt laut MDR und dem "Freien Wort" derzeit in einem kleinen Ort im Thüringer Wald im Kurzurlaub. Mit seiner Familie halte er sich derzeit am Rennsteig auf, wo auf etwa 800 Metern Höhe bei klirrender Kälte und Sonnenschein etwa ein halber Meter Schnee liegt.

Kubicki: Reihen hinter Wulff nicht geschlossen

Das FDP-Bundesvorstandsmitglied Wolfgang Kubicki rechnet nicht damit, dass sich Wulff im Amt stabilisieren kann. "Christian Wulff hat die Affäre nicht mehr selbst in der Hand. Das Ermittlungsverfahren gegen seinen Ex-Sprecher Olaf Glaeseker wird ihm noch mehr Schwierigkeiten bereiten, als er das momentan vermutet", sagte der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef. Aus seiner 30-jährigen Erfahrung als Strafverteidiger wisse er, dass in beschlagnahmten Unterlagen immer etwas gefunden werde, was heute anders gelesen werde als es zu einem früheren Zeitpunkt gemeint gewesen sei. "Unabhängig davon, ob die sich daraus ergebenden Vorwürfe stimmen oder nicht, wird ihm das aus meiner Sicht zum Verhängnis werden", sagte Kubicki mit Blick auf Wulff.

Nach Ansicht Kubickis sind in der schwarz-gelben Koalition die Reihen hinter Wulff nicht mehr geschlossen. "Aus meiner Sicht ist bis auf gelegentliche verbale Erklärungen zu Amt und Funktion des Bundespräsidenten, die aus Respekt vor dem Staatsoberhaupt geäußert werden, keine euphorische Unterstützung mehr zu erkennen."

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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