Politik

Joana Cotar im Interview "Wir brauchen ein effizientes Digitalministerium"

Joana Cotar

Joana Cotar

(Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress)

Vor zwei Jahren kam der Globale Wettbewerbsbericht des Weltwirtschaftsforums zu dem Schluss, dass Deutschlands größte Schwäche in der Einführung von Informationstechnologien liegt, und noch im Februar 2021 schrieb der wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums in einem Bericht zu den Lehren aus der Corona-Krise, die Pandemie habe "den Rückstand Deutschlands bei der digitalen Transformation in vielen Bereichen schonungslos offengelegt". Drei Fragen an Joana Cotar ist digitalpolitische Sprecherin der AfD im Bundestag sowie Obfrau im Ausschuss Digitale Agenda.

ntv.de: Woran hat es gelegen, was hat diesen Rückstand verursacht?

Joana Cotar: Ich würde sogar von einem Staatsversagen sprechen - dieses hängt natürlich von mehreren Faktoren ab. Drei Faktoren lassen sich jedoch schnell identifizieren: Bürokratie und starre staatliche Strukturen, mangelhafte Infrastruktur und fehlende Rahmenbedingungen.

Jahrelang hat die Bundesregierung die Rolle der Digitalisierung ignoriert. Während in anderen Ländern Behördengänge längst überflüssig sind, kämpfen wir in Deutschland immer noch mit hohen Hürden. Unsere digitale Infrastruktur punktet unterdurchschnittlich im europäischen Vergleich - ein Telefonat auf einer Bahnfahrt bestätigt das schnell.

Ein verbesserter, reibungsloser Umgang zwischen Staat und Wirtschaft ist notwendig, falls Deutschland weiterhin wettbewerbsfähig bleiben möchte. Ordnungspolitisch hat die Bundesregierung versagt. Heute gibt es eine Digitalstaatsministerin ohne eigenes Budget, eine Abteilung für Digitalpolitik im Kanzleramt, ein Digitalkabinett und einen Digitalrat. Wir brauchen keine Gremien und Behörden mehr, sondern effektive Strukturen. Wir brauchen ein effizientes Digitalministerium, in dem alle Fäden zusammenlaufen.

Was muss passieren, damit Deutschland seinen Rückstand aufholt?

Deutschland braucht Innovation. Wir müssen attraktiver für Start-Ups und Unternehmen werden, dafür ist eine Entbürokratisierung auf allen Ebenen längst überfällig. Durch einen verbesserten Umgang zwischen Staat und Privaten können Infrastrukturprojekte besser gefördert werden.

Fordern Sie die Einführung eines Digitalisierungsministeriums?

Seit Jahren fordert die AfD die Einführung eines Digitalministeriums - in der jetzigen Legislaturperiode hat die Fraktion der AfD sogar einen Antrag diesbezüglich gestellt (Drucksache 19/22453). Alle Altparteien lehnten jedoch den Antrag ab.

Die Zuständigkeiten in der Digitalpolitik verteilen sich derzeit auf alle Bundesministerien. Durch ein federführendes Digitalministerium lässt sich die Digitalpolitik der Bundesregierung in einem eigenständigen Ressort bündeln, darüber hinaus würde ein Digitalministerium über eigene Haushaltmittel verfügen und somit auch über exekutive Möglichkeiten und Verantwortungskompetenz.

Eine starke Zentralisierung ist jedoch eine große Gefahr. Ein Digitalministerium soll nur die Rahmenbedingungen der Digitalpolitik stellen. Es sollen mehr Mittel für die Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Land und Kommunen ist entscheidend.

Quelle: ntv.de, hvo

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