JU-Chef Ziemiak im Interview "Wir reden mit Merkel über Abschiebungen"
14.10.2016, 07:27 Uhr
"Vergangenes Jahr haben wir in Hamburg sehr intensiv und offen mit der Kanzlerin über die Flüchtlingspolitik gesprochen und ihr auch gesagt, dass wir finden, dass es nicht so weiter gehen kann."
(Foto: dpa)
Am Wochenende kommt in Paderborn die Jugendorganisation der CDU und CSU, die Junge Union, zu ihrem jährlichen Treffen zusammen. Beim "Deutschlandtag 2016" sind immer auch Gäste der großen Mutterparteien eingeladen, in diesem Jahr Wolfgang Schäuble, CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und vor allem Angela Merkel. Wenn sie spricht, werden die Mitglieder der Jungen Union besonders genau hinhören. Welche Signale sendet die Kanzlerin? Tritt sie noch einmal an? Und wie geht sie mit der Kritik der JU in Sachen Flüchtlingspolitik um?
Vor dem Parteitag traf n-tv.de Paul Ziemiak zum Interview. Der gebürtige Pole ist seit zwei Jahren Chef der Jungen Union. 2017 tritt er bei der Bundestagswahl im Wahlkreis Herne-Bochum II für die CDU gegen Michelle Müntefering, die Frau des früheren SPD-Chefs, an.
n-tv.de: Herr Ziemiak, Sie sind jetzt 31 Jahre alt. Ab wann ist man zu alt für die Junge Union?
Paul Ziemiak: Ab dem 35. Lebensjahr ist man zu alt und muss leider die JU verlassen. Allerdings können sie mit 14 Jahren bereits bei uns eintreten. Bei uns muss das Verhältnis 50 Prozent Spaß und 50 Prozent Politik sein. Wir diskutieren viel, aber es geht auch um gemeinsame Freizeitgestaltung. Klar ist für uns, dass wir nur junge Frauen und Männer für uns begeistern, wenn es um Themen in ihrer Lebenswirklichkeit geht. Also nicht immer die Bundespolitik in Berlin. Die JU ist in Kommunen und Städten stark engagiert und das Sprachrohr der jungen Leute. Wir sind die stärkste politische Jugendorganisation in Deutschland mit über 110.000 Mitgliedern.
Wie steht es um die Frauenquote in hohen Ämtern in der JU?
Wir haben Nachholbedarf, was Frauen in Spitzenfunktionen bei uns angeht, ganz klar. Da müssen wir ran. 31 Prozent der Mitglieder in der JU sind Frauen. Und damit schon mal mehr als in der CDU. Aber da müssen wir noch weiter kommen und arbeiten auch dran. Die Zahl steigt langsam.
Im vergangenen Jahr wurde die Bundeskanzlerin wegen ihrer Flüchtlingspolitik recht frostig von der Jungen Union begrüßt. Welchen Empfang darf Merkel in diesem Jahr erwarten?
Vergangenes Jahr haben wir in Hamburg sehr intensiv und offen mit der Kanzlerin über die Flüchtlingspolitik gesprochen und ihr auch gesagt, dass wir finden, dass es nicht so weiter gehen kann. In diesem Jahr hat sich die Flüchtlingssituation entspannt. Die Kanzlerin hat also gehalten, was sie versprochen hat. Nun geht es uns aber darum, dass wir die Menschen, die keinen Asylgrund haben, auch wirklich wieder abschieben. Und darüber werden wir mit Angela Merkel sprechen. Genauso wollen wir über das Abkommen mit der Türkei, die Sicherung der EU-Außengrenzen, aber auch über andere Themen wie beispielsweise die Wirtschafts- und die Rentenpolitik reden.
Sie haben die CDU-Vorsitzende in letzter Zeit kritisiert - auch wegen des Umgangs mit der AfD. Das hört man sicher in der Parteizentrale nicht gern.
Gut, wenn ich mich kritisch äußere, gibt es auch oft direkt Feedback aus dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin. Ich bin ja Mitglied des CDU-Bundesvorstandes, und da diskutieren wir all diese Punkte. Der Umgang mit der AfD bleibt ein großes Thema. Wenn diese Partei zweistellige Ergebnisse einfährt, müssen wir uns dringend fragen, wie wir die, die bisher die Union gewählt haben, wieder zurück gewinnen können. Das geht nur über Themen, die die Menschen bewegen. Wir dürfen als Union diese Wählerwanderung nicht akzeptieren. Mein Ziel ist es, dass die AfD nicht im nächsten Deutschen Bundestag vertreten ist.
Das deutsche Rentensystem sendet schon länger Alarmsignale. Müssen Sie sich als Junge Union darüber nicht viel mehr aufregen? Die jetzigen und zukünftigen Arbeitnehmer werden es offenbar teuer bezahlen.
Wir müssen dringend über die Rente sprechen. Es kann doch nicht sein, dass die Rentenbeiträge auf 26 Prozent geschraubt werden sollen. Es profitieren besonders die, die hohe Renten haben. Arbeitnehmer, die jetzt schon wenig haben, zahlen viel ein und kriegen wenig raus. Ein Angestellter, der 1900 Euro brutto verdient, soll 26 Prozent in die Rentenkasse zahlen? Das finde ich nicht fair. Vor allem für junge Leute. Ich fordere ein Ende der Diskussion in dieser Legislaturperiode. Die Renten-Vorschläge von Seehofer, Nahles oder Gabriel führen nicht weiter. Das ist alles ein Hickhack und keine gemeinsame Politik. Wir müssen nach der nächsten Bundestagswahl eine große Rentenreform machen. So bringt das jetzt nichts.
Thomas de Maizière, Peter Altmaier, Ursula von der Leyen – alle gehen stramm auf die 60 zu. Wäre es nicht an der Zeit, dass auch im neuen Bundestag die Jungen in der Union Verantwortung übernehmen? Sie haben doch einige ehemalige JU-Mitstreiter, die was werden könnten: Carsten Linnemann, Jens Spahn oder auch Sie. Vernehmen Sie da Signale von der CDU-Chefin, dass die junge Generation bald ran darf?
Ich kandidiere jetzt für den Deutschen Bundestag und stelle mich als JU-Bundesvorsitzender auf dem Deutschlandtag zur Wiederwahl. Damit bin ich mehr als ausgelastet und sehr zufrieden. Jens Spahn als Staatssekretär im Finanzministerium ist auch ein gutes Signal an die jungen Mitglieder in der Partei, dass junge Leute entscheidend eingebunden werden. Wir bei der Jungen Union sind sehr froh, dass Carsten Linnemann der Mittelstandsvereinigung vorsteht. Aber wir müssen darüber sprechen, wie man Jüngere beteiligen kann. Das wird das nächste Jahr zeigen. Alle sollen wissen: Auf die Jungen kann man sich verlassen!
Mit Paul Ziemiak sprach Hero Warrings
Quelle: ntv.de