De Maizière im RTL/ntv-Interview "Wir schaffen das" war richtig
16.07.2020, 16:46 Uhr
Zum fünften Mal jährt sich in diesen Wochen die Fluchtbewegung 2015. Mehr als eine Million Menschen kamen als Schutzsuchende nach Deutschland. In einem Exklusivinterview mit RTL und ntv erinnert sich der damalige Innenminister De Maizière - und verteidigt seine Entscheidungen.
Die Grenzen für Flüchtlinge nicht zu schließen - das, so sagt Thomas de Maizière, würde er heute wieder so entscheiden, obwohl der CDU-Politiker hinzufügt: "Es gehörte zu den schwierigsten Entscheidungen in meinem politischen Leben." Angst, vom Flüchtlingsstrom überrollt zu werden, habe man in der politischen Führung allerdings nicht gehabt. "Wenn man dann gehört hat, dass da Flüchtlingslager mit Millionen von Menschen sind in viel ärmeren Ländern, dann haben wir gesagt, irgendwie muss es gehen", sagt der damalige Bundesinnenminister im Interview mit RTL und ntv.
Die Unterbringung der Menschen habe man in Deutschland gut gemeistert, es habe keine wilden Lager gegeben wie damals in Frankreich, trotzdem habe man sich nicht von Euphorie blenden lassen: "Die Sorge war, wo soll das enden?" Und weiter: "Uns war klar, dass es schwierig wird, weil es nicht in unserer Hand lag."
Einige Bilder haben sich in de Maizières Kopf verfestigt, dazu gehörten die aufgereihten Särge in der Turnhalle in Lampedusa schon im Jahr 2013. Und natürlich der kleine ertrunkene Junge, dessen Bild um die Welt ging. "Mir war ganz klar, dass wir uns in einem ethischen Dilemma befinden", sagt der ehemalige Minister. Doch noch mehr hätten persönliche Schicksale ihn bewegt, Menschen, mit denen er sich mithilfe eines Dolmetschers unterhalten konnte.
Regierung in der Zwickmühle
Und trotzdem fühlte sich die Regierung damals in einer Zwickmühle: "Je mehr Menschen man rettet aus dem Mittelmeer oder je mehr Menschen man sagt, ihr könnt alle kommen nach Deutschland, umso mehr hat man einen Sogeffekt." Doch umgekehrt habe man die Menschen auch nicht ertrinken lassen können.
Für de Maizière ist eine Lehre aus dieser Zeit, dass die politische Führung, vielleicht sogar die ganze Gesellschaft, sich zu sehr habe leiten lassen von Bildern und wechselnden politischen Stimmungen. "Man muss einen Teil seiner Gefühle zurückstecken und mit so gut es geht kühlem Kopf nüchtern bleiben", ist eine Konsequenz, die de Maizière seitdem auch in seinem politischen Handeln leitet.
Der Satz der Kanzlerin "Wir schaffen das" sei richtig gewesen, und so sei es eben in der Politik: "Manchmal verselbstständigen sich solche Sätze."
Quelle: ntv.de, bdk