Das neue Schwarzbuch ist da Wo Steuergeld verpulvert wird
17.10.2013, 15:19 UhrWenn Entscheidungsträger Geld ausgeben, das ihnen nicht gehört, dann lassen sie mitunter Sorgfalt vermissen. Die Erkenntnis ist nicht neu, dennoch ist das Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes immer wieder für den ein oder anderen Aufreger gut.
Die Sanierung des Deutschen Theaters in München läuft völlig aus dem Ruder. Der neue Hauptsitz des Bundesnachrichtendienstes wird nach zahlreichen Änderungen satte 192 Millionen Euro teurer als geplant. Und das Bildungsministerium von Mecklenburg Vorpommern schmeißt virenverseuchte Rechner kurzerhand auf dem Müll und schafft neue an. Das neue Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler deckt Fälle öffentlicher Verschwendung auf, gegen die die Kostenexplosion am Limburger Bischofssitz als Lappalie erscheint.
Die öffentlichen Kassen seien so voll wie nie zu vor, schreibt Reiner Holznagel, der Präsident des Lobbyverbands in seinem Geleitwort. Umso wichtiger sei die Diskussion darüber, was mit dem Geld tatsächlich passiere. Wie es nicht laufen sollte, zeigen 100 Negativbeispiele aus verschiedenen Ebenen der staatlichen Verwaltung, die im Schwarzbuch "Die Öffentliche Verschwendung" zusammengetragen sind. Zwar dürfe nicht jede Überschreitung des Budgets automatisch mit einer Verschwendung von Steuergeldern gleichgesetzt werden. "Viele dieser negativ auf das Bauvorhaben wirkenden Faktoren sind von der Politik und der Verwaltung aber hausgemacht", moniert der Verband. Durch solide Planung und realistische Finanzierung könnten ausufernde Kosten oft vermieden werden. Oft würden zudem elementare gesetzliche Vorschriften missachtet.
Der BER als Steuergrab
Das zeigt wohl kaum ein Projekt so deutlich wie der Großflughafen Berlin Brandenburg: "Wie bei anderen Großprojekten war die öffentliche Hand bzw. die Flughafengesellschaft derart von ihrem Prestigeprojekt angetan, dass Hals über Kopf in den Bau eingestiegen wurde, bevor das Gebilde BER in all seinen Facetten durchgeplant war", so der Steuerzahlerbund. Nach derzeitigem Stand der Dinge dürfte der BER über 5 Milliarden Euro kosten, statt der geplanten 2,4 Milliarden. Ob er seine Kosten jemals wieder einfliegen kann, ist zweifelhaft.
Gegen den Schwarzbuch-Dauerbrenner BER wirken andere Beispiele öffentlicher Verschwendung fast wie Bagatellfälle. Etwa die für 600 Euro erneuerte Straßenmarkierung, die genau zwei Wochen später schon wieder abgefräst und erneuert wurde. Durch einen Abgleich der Arbeiten hätte sich das Landratsamt das Geld sparen können. Die Neugestaltung des Rathausvorplatzes von Verden an der Aller wurde mit 2,4 Millionen Euro doppelt so teuer wie ursprünglich veranschlagt, weil die Lieferanten plötzlich nicht mehr die geforderte Qualität der Pflastersteine garantieren konnten. Nach Gutachten und Neuausschreibung wurden teurere Steine verlegt – doch auch die erwiesen sich als mangelhaft. Am Darmstädter Bahnhof arbeitete man hingegen mit Natursteinpflaster, obwohl von vornherein bekannt war, dass dieser Untergrund der starken Beanspruchung durch Busse und Bahnen nicht gewachsen ist. Jetzt soll das vier Jahre alte Pflaster ausgetauscht werden – Kostenpunkt 300.000 Euro.
Ein Radweg führt ins Nirgendwo
Wie wichtig es ist, dass verschiedene Baulastträger zusammenarbeiten, zeigt sich unter anderem beim Radwegebau. Die Stadt Hannover investierte 150.000 Euro in eine Radtrasse neben einer Kreisstraße. Genutzt wird der Weg selten: Er endet nämlich an einer vielbefahrenen Bundesstraße – und die hierfür zuständige Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) denkt nicht daran, den Radweg weiter fortzuführen. Zwischen der Ortschaft Kummer und Ludwigslust liegt indes seit rund sieben Jahren ein Teilstück von 300 Metern Radweg brach, das damals 400.000 Euro gekostet hat. Bei Schnee und Eis wird die Piste auch regelmäßig geräumt. Radler sieht man dort selten, weil sich kaum jemand traut, den Weg über die Bundesstraße zu nehmen. Immerhin: Nachdem es der Fall in die Medien gebracht hat, soll der Radweg im nächsten Jahr doch noch fertiggestellt werden.
Nicht nur falsch geplante Baumaßnahmen schaffen es ins Schwarzbuch: Der Fahrdienst des Bundestages bekommt jetzt mehr Geld dafür, dass er weniger leistet. Das Bundesentwicklungsministerium schaltet Anzeigen mit dem Konterfei des Ministers in überregionalen Tageszeitungen, um Unternehmen für Projekte zu erreichen und somit Fördertöpfe restlos zu leeren. Das Bayerische Landwirtschaftsministerium verteilt für 120.000 Euro Tüten mit Wiesenheu an Schulkinder, um für Urlaub auf dem Bauernhof zu werben. Und das Bildungsministerium in Schwerin tauscht virenverseuchte Rechner einfach durch neue aus, anstatt die Schädlinge systematisch zu entfernen.
Keine konkreten Summen mehr
Oft würden von den Entscheidungsträgern elementare gesetzliche Vorschriften missachtet, kritisiert der Steuerzahlerverband und fordert: "Um realistische Kostenprognosen zu erhalten, müssen belastbare Annahmen getroffen werden". Die Bürger hätten ein Anrecht darauf, dass der Staat sorgsam und vernünftig mit ihrem Geld umgehe. Immerhin habe die Politik habe inzwischen die Hauptursachen für die Kostenlawinen erkannt und eine Kommission ins Leben gerufen. Das 41. Schwarzbuch dürfte wohl dennoch nicht das letzte sein. Den Umfang der vom Staat durch Missmanagement verschleuderten Summen nennt der Steuerzahlerbund übrigens seit einiger Zeit nicht mehr. Zuvor hatte der Verband über viele Jahre immer dieselbe Summe von 30 Milliarden Euro beziehungsweise 60 Milliarden D-Mark angeführt.
Quelle: ntv.de, mit dpa