Streit um die Spitzenposten Worum es beim FDP-Parteitag geht
09.03.2013, 07:33 Uhr
Vom Ergebnis bei der Wahl zum Parteichef wird abhängen, mit welchem Gesichtsausdruck Philipp Rösler vor die Mikrofone tritt.
(Foto: dpa)
Attacken, Intrigen, Tuscheleien und Putschversuche: Mit den Querelen soll es bei den Liberalen vorbei sein - zumindest bis zur Wahl im Herbst. Die FDP trommelt die Delegierten zusammen, um das Führungsteam neu wählen zu lassen. Chef Rösler kann den Wahlen entspannt entgegen blicken. Für andere könnte das Treffen in Berlin dagegen böse enden.
Die FDP wählt heute auf einem Parteitag ihre Führungsspitze neu und will damit einen Schlussstrich unter die Streitereien der vergangenen Monate ziehen. Bei der Abstimmung um den Chefposten dürfte es keine Überraschungen geben, einziger Kandidat ist Vizekanzler Philipp Rösler, der seit Mai 2011 der FDP vorsteht. Einzig die Zustimmungswerte für den umstrittenen Liberalen werden mit Spannung erwartet.
Rösler, der in den vergangenen Monaten heftigen Attacken ausgesetzt war, wird in seiner Rede eine Bilanz seiner ersten Amtszeit ziehen. 2011 versprach er in Rostock: "Ab heute wird die FDP liefern." Seitdem liegt seine Partei bundesweit im Umfragetief. Rösler wird bei der um zwei Monate vorgezogenen Wiederwahl sein altes Ergebnis von 95,1 Prozent vermutlich nicht bestätigen können.
Ein weiterer wichtiger Programmpunkt ist die offizielle Kür des Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl. Das soll der Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle übernehmen. Da die Postenteilung zwischen Parteiführung und Spitzenfigur im Wahlkampf zwischen den beiden als Rivalen geltenden Politikern bereits vereinbart ist, wird Brüderles Nominierung vermutlich geräuschlos von statten gehen - allen kritischen Stimmen in der Sexismus-Affäre zum Trotz.
Zastrow wackelt, Rösler bittet
Kampfabstimmungen werden allerdings bei der Wahl der drei Stellvertreter erwartet. Als Parteivize kandidieren in Berlin NRW-Landeschef Christian Lindner sowie die drei bisherigen Stellvertreter Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Birgit Homburger und Holger Zastrow - einer der vier wird damit den Kürzeren ziehen und auf seinen Posten im Vorstand verzichten müssen.
Lindner und Leutheusser-Schnarrenberger gelten dabei als gesetzt. Damit würden entweder Zastrow oder Homburger auf der Strecke bleiben. Der Sachse Zastrow, so etwas wie die Stimme des Ostens in der Parteiführung, kündigte an, bei einem Scheitern nicht für einen anderen Posten in dem Führungsgremium kandidieren zu wollen. Damit erhöhte er den Druck auf seine Partei, ihn zu unterstützen.
Nach Angaben aus der Führungsspitze appellierte Rösler allerdings an Zastrow, notfalls auch für einen Beisitzerposten anzutreten. Ihm sei wichtig, dass der Osten in dem Gremium vertreten sei. Zastrow und die frühere Fraktionschefin Homburger gelten als Unterstützer Röslers, weswegen der Chef beide gerne halten würde.
Niebel muss Kubicki fürchten
Auch das Präsidium der Partei wird neu bestimmt. Dabei gilt vor allem Entwicklungsminister Dirk Niebel als gefährdet. Er hatte Rösler bis zur Landtagswahl in Niedersachsen offen in Frage gestellt. Inzwischen ist die Kritik verstummt, doch er muss befürchten, für seinen forschen Ton in Form eines schwachen Ergebnisses abgemahnt zu werden.
Gegen den früheren Generalsekretär will der schleswig-holsteinische Fraktionschef Wolfgang Kubicki ins Rennen gehen. Auch Gesundheitsminister Daniel Bahr strebt ins Präsidium. Unklar ist nach Angaben aus Parteikreisen aber, ob der 36-Jährige gegen Niebel/Kubicki oder für den weiteren Beisitzerplatz antreten wird. Dies wiederum soll davon abhängen, ob beispielsweise einer der bisherigen Stellvertreter diesen Platz beansprucht.
Niebel warnte abermals davor, ihn abzukanzeln. "Ich gehe davon aus, dass eine liberale Partei mit klarer Kante umgehen kann", sagte er. Er setze darauf, dass sich Erfolg und erfolgreiche Arbeit durchsetzten. Niebel hat in den vergangenen Tagen mehrfach gewarnt, werde er als Spitzenkandidat in Baden-Württemberg demontiert, werde sich dies negativ auf das Gesamtresultat der FDP bei der Bundestagswahl auswirken.
Liberale wollen Union bei Homo-Rechten bewegen
Die Liberalen wollen neben Personalfragen auch einige inhaltliche Akzente setzen. So wird eine hitzige Debatte zum Thema Mindestlohn erwartet. Die Parteispitze will sich von den Delegierten Rückendeckung für ihren Kompromisskurs gegenüber der Union holen. Die FDP lehnt einen von SPD und Grünen geforderten gesetzlichen Mindestlohn ab, will aber in weiteren Branchen regional differenzierte Lohnuntergrenzen ermöglichen. Der harte wirtschaftsliberale Kern in der Partei hält davon gar nichts.
Der Parteitag befasst sich zudem mit dem Koalitionsstreit über die volle Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe. Die FDP-Spitze will das Nein der Union nicht hinnehmen. "Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen", sagte die stellvertretende FDP-Vorsitzende Homburger der "Berliner Zeitung". Die schwarz-gelbe Koalition sollte "aus eigener Entscheidung handeln und nicht auf den nächsten Richterspruch aus Karlsruhe warten", so Homburger mit Blick auf bisherige Urteile des Bundesverfassungsgerichts.
Quelle: ntv.de, mit dpa/rts