Zu aufwändig, zu riskant SPD sollte Edathy nicht ausschließen
26.03.2015, 17:05 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Eine SPD-Schiedskommission soll über den Parteiausschluss von Sebastian Edathy entscheiden. Das Verfahren kann für die Genossen nur nach hinten losgehen. Thilo Sarrazin und Wolfgang Clement lassen grüßen.
Sebastian Edathy ist nicht mehr viel geblieben. Zwar hat das Gericht den Nacktbilder-Prozess gegen den früheren SPD-Abgeordneten eingestellt. Unterm Strich wiegt das jedoch nicht auf, was er verloren hat. Er ist seinen Beruf und seinen guten Namen los und ist gesellschaftlich geächtet. Aus Sicht der SPD ist das offenbar noch nicht genug.
Die SPD-Spitze drängt seit Bekanntwerden der Ermittlungen gegen Edathy darauf, dass er die Partei verlassen soll. Die Affäre schade dem Ansehen der Sozialdemokraten, sein Verhalten sei nicht mit ihren Grundwerten vereinbar. Wie die SPD von ihm abrückt, ist so reflexhaft wie verständlich. In anderen Parteien wäre dies in solchen Fällen nicht anders. Edathy will aber nicht freiwillig austreten. Deshalb will die SPD ihn ausschließen - per Parteiausschlussverfahren. Die Schiedskommission des SPD-Bezirks Hannover hat ihre Arbeit aufgenommen. Aber das ist ein Fehler.
Edathy spielt keine Rolle mehr in der Partei. Er hat sein Mandat niedergelegt. Dass er eines Tages wieder eine nennenswerte Funktion einnimmt, ist völlig ausgeschlossen. Er ist der Inbegriff eines passiven Mitglieds. Parteichef Sigmar Gabriel will ihn trotzdem loswerden. Es geht ums Prinzip, um pure Symbolik. Aus Genossensicht: "Der" soll keiner mehr von "uns" sein. So nachvollziehbar das im ersten Moment sein mag, den Aufwand ist es nicht wert.
Denn ein Parteiausschluss ist aufwändig. Am Ende des Verfahrens steht nicht zwangsläufig das gewünschte Ergebnis. Wie sich das anfühlt, müsste Gabriel wissen. 2008 versuchte die Partei vergeblich, Wolfgang Clement auszuschließen, weil der vor der Hessen-Wahl öffentlich aufgerufen hatte, nicht die SPD zu wählen. Das Ausschlussverfahren scheiterte, Clement trat schließlich selbst aus und die Partei war blamiert. Ebenso im Fall Thilo Sarrazin. Zweimal, 2010 und 2011, versuchten die Sozialdemokraten, ihn wegen rassistischer Äußerungen vergeblich loszuwerden. Auch diesmal kann sich das Verfahren lange hinziehen. Dann könnte Edathy der Partei noch mehr schaden als bisher.
Ihre Weste reinwaschen kann die SPD ohnehin nicht mehr. Das liegt nicht nur an Edathy, sondern auch daran, wie die Partei mit der Affäre umgeht. Im Untersuchungsausschuss macht die SPD seit Monaten eine schlechte Figur. Häufig scheint es, als wolle sie lieber etwas verheimlichen, als die Ereignisse aufzuklären. Mindestens das Verhalten zweier SPD-Politiker, Thomas Oppermann und Michael Hartmann, wirft nach wie vor Fragen auf. Statt ein zweites Schlachtfeld aufzumachen, wäre die SPD klug beraten, die Ausläufer der Edathy-Affäre nach mehr als einem Jahr so schnell wie möglich zu beenden.
Quelle: ntv.de