Zum Militärdienst gezwungen Vermisster Inder stirbt als "russischer Soldat" in der Ukraine
07.03.2024, 13:32 Uhr Artikel anhören
Ein indischer Vater zeigt ein Foto seines Sohnes. Der soll in der Ukraine aufseiten Moskaus kämpfen. Auch er soll von Dubai aus nach Russland gelockt worden sein.
(Foto: IMAGO/SOPA Images)
Lange wird ein Inder in Russland vermisst. Nun bestätigt die Regierung seines Landes seinen Tod. Er fällt demnach als Kämpfer in der Ukraine. Nach Angaben seiner Familie diente er dem Kreml aber nicht freiwillig. Es scheint ein perfides Rekrutierungssystem für Moskau zu geben, wie auch ein anderer Fall zeigt.
Indiens Botschaft in Moskau hat den Tod eines indischen Staatsbürgers bestätigt, der von der russischen Armee rekrutiert worden war. Die Botschaft sei im Kontakt mit der Familie des 30-jährigen Mohammed Asfan und den russischen Behörden, erklärte sie auf X. "Die Mission wird sich bemühen, seine sterblichen Überreste nach Indien zu überführen." Es wurden keine näheren Angaben zu den Umständen des Todes gemacht. Wenige Tage zuvor hatte ein Verwandter des Mannes der Nachrichtenagentur AFP gesagt, Asfan sei zum Kampf in die Ukraine geschickt worden.
Asfans Bruder Mohammed Imran hatte der AFP im Februar gesagt, dass sein Bruder seit zwei Monaten vermisst werde. Er habe zuletzt aus der südrussischen Stadt Rostow am Don angerufen und gesagt, dass er an die Front versetzt worden sei, so Imran. Ein weiterer indischer Soldat, der fliehen konnte, habe der Familie gesagt, dass der 30-jährige Asfan von einer Kugel verletzt worden sei.
Asfans Familie erzählte NDTV, dass er und zwei weitere Männer im November 2023 nach Russland gereist seien, weil man ihnen dort Jobs in Regierungsbüros versprochen habe. In Hyderabad habe Asfan in einem Textilgeschäft gearbeitet. Der Kontakt kam über einen in Dubai ansässigen Agenten zustande, erklärte die Familie. Der habe in Videos behauptet, er könne Menschen helfen, eine Arbeitserlaubnis zu erlangen. Es sei von einer Arbeit als "Sicherheitskraft" in Russland die Rede gewesen. Dafür habe Asfan 300.000 indische Rupien, umgerechnet etwas mehr als 3300 Euro gezahlt.
Laut Asfans Bruder Imran sei er kurz nach seiner Ankunft in Russland gezwungen worden, ein Dokument als Helfer der russischen Armee zu unterschreiben. Der Agent habe sich zu einem späteren Zeitpunkt nur noch einmal gemeldet und gesagt, dass Asfans Vertrag aufgelöst worden sei. Er habe gesagt, dass Asfan verletzt sei, aber nicht, dass er gestorben sei, berichtet sein Bruder Imran NDTV.
Asfan ist der erste bestätigte indische Todesfall aufseiten des russischen Militärs. Zuvor hatte bereits die "Washington Post" von einem 23-jährigen indischen "Sicherheitshelfer" berichtet, der bei einem ukrainischen Luftangriff ums Leben gekommen sei.
Inder: Von Kampfeinsatz war keine Rede
Mehrere indische Rekruten hatten der AFP im vergangenen Monat gesagt, dass ihnen hohe Gehälter und ein russischer Pass versprochen worden seien, bevor sie an die Front geschickt wurden. Die Soldaten sagten weiter, dass ihnen Positionen versprochen worden seien, die keinen Kampfanteil hätten - sie seien jedoch im Gebrauch von Kalaschnikow-Sturmgewehren und anderen Waffen geschult worden, bevor sie in die Ukraine geschickt worden seien.
Aber nicht nur das. Am 4. März tauchte in sozialen Medien ein Video von sieben indischen Männern auf, die in dicke Armeejacken gehüllt davon berichteten, dass sie zum Kriegsdienst in der russischen Armee gezwungen worden seien. Man hatte sie ihren Aussagen zufolge in Belarus festgenommen, weil man ihnen vorwarf, nicht die notwendigen Reisedokumente zu besitzen. Sie behaupten jedoch, dass ein Guide ihnen gesagt habe, Dokumente seien nicht notwendig.
Laut "The Hindu" soll es sich um sieben Inder im Alter von 21 bis 24 Jahren handeln. Sie sollen Arbeiter aus den Provinzen Punjab und Haryana sein. Nach Angaben der Männer hätten sie teils Touristenvisa gehabt, seien aber dennoch von der Polizei festgenommen worden. Man habe sie dann vor die Wahl gestellt, entweder sie schlössen sich der russischen Armee als "Hilfskräfte" an oder sie müssten mit zehn Jahren Haft rechnen.
Obwohl sie nur als "Helfer" unterschrieben hätten, sollten sie an Waffen ausgebildet und in die Ukraine geschickt werden. Man habe sie hungern lassen und ihnen die Telefone weggenommen, berichten sie in dem Video. Erst nach einem Jahr haben sie wieder gehen können, behaupten die Männer. Zuvor hätten sie Russland helfen müssen, den Krieg zu gewinnen.
20 Inder sollen Moskau als "Hilfskräfte" dienen
Die sieben Männer scheinen kein Einzelfall zu sein. Mit Blick auf ausländische Kämpfer aufseiten Russlands und der Ukraine meldete die "Washington Post" bereits vor Kurzem, dass Indien sich darum bemühte, etwa 20 Staatsangehörige aus Russland zurückzubekommen. Nach Angaben von NDTV wären sie alle als "Hilfskräfte" in der russischen Armee aktiv.
Neben Indern soll Russland vor allem Männer aus Nepal, Kuba und Syrien angeworben haben. In Kuba sei in sozialen Medien allerdings direkt um Kämpfer für einen Kampfeinsatz geworben worden. In Nepal habe man offenbar ebenfalls eher unverblümt um Männer für den Kampf geworben. Wenig Hoffnung, im eigenen Land Arbeit zu finden, und die Aussicht auf guten Lohn und eine russische Staatsbürgerschaft hätten nicht wenige dort dazu verleitet, sich der russischen Armee anzuschließen. Ein Fehler, wie ein 37-jähriger Nepalese gegenüber der "Washington Post" zugibt. 200 Nepalesen würden sich aufseiten der russischen Streitkräfte in der Ukraine befinden, 14 seien bereits gefallen und weitere in Gefangenschaft, beklagt die Regierung in Kathmandu.
Quelle: ntv.de