Großes Ziel EU-Beitritt Der Balkan steht sich selbst im Weg
14.07.2009, 16:06 Uhr
(Foto: dpa)
Für alle Balkan-Länder ist der EU-Beitritt das große Ziel. Und die EU will mit ihrer Aufnahme einen alten Kriegsherd für immer austreten. Doch obwohl alle Länder die EU-Fahne vor sich her tragen, sind ihre Chancen auf eine Mitgliedschaft in den nächsten Jahren gering.
Für ausnahmslos alle Länder der Balkanhalbinsel ist der EU-Beitritt seit Jahren das große Ziel: Alles dreht sich um Brüssel. In Albanien wird gerade eine Koalitionsregierung mit genau diesem Programm gebildet. In Kroatien ist in der vorletzten Woche Regierungschef Ivo Sanader zurückgetreten, weil er sich von Brüssel nicht genügend unterstützt sah. Doch obwohl alle Länder die EU-Fahne vor sich her tragen, sind ihre Chancen auf eine Mitgliedschaft in den nächsten Jahren gering - vor allem, weil sie sich auf ihrem Weg in Richtung Union selbst im Wege stehen.
Die EU will mit der Aufnahme der Balkanländer einen alten Kriegsherd für immer austreten. Die Länder selbst versprechen sich Wirtschaftshilfe und Wohlstand. Doch ob sie den steinigen Weg irgendwann schaffen werden, steht in den Sternen. Montenegro hat gerade aus Brüssel den Fragebogen zum Stand der Reformen erhalten. Doch jeder weiß, dass noch viel Arbeit in Sachen Korruption, Mafia, Monopole und Justiz notwendig ist. Allen Lippenbekenntnissen zum Trotz lässt die wirkliche Demokratisierung des Landes auf sich warten.
EU mahnt Reformen an
In Bosnien-Herzegowina sind Muslime, Serben und Kroaten so zerstritten, dass es keinen aufrichtigen Wunsch für ein Zusammenleben gibt - die Voraussetzung für die weitere Annäherung an Brüssel. Sollte sich das nicht ändern, werde das Land "nicht in 404 Jahren" EU-Mitglied, sagt der Vorsitzende der Sozialdemokraten, Zlatko Lagumdzija. Damit sei dieser "Staat ohne Perspektive der Paria Europas".
Nicht viel besser sieht es in Mazedonien aus, wo sich die slawische Mehrheit und die albanische Minderheit in den Haaren liegen. Vordergründig ist es der Namensstreit mit Griechenland, der den Weg in Richtung EU blockiert. Doch Brüssel hat auch Reformen in Justiz, Verfassung und Bildung angemahnt. Griechenland will mit Hinweis auf seine Nordprovinz Mazedonien keinen Nachbarstaat mit gleichem Namen akzeptieren - und Mazedonien tut selbst alles, um die Griechen zu provozieren und noch mehr auf die Palme zu bringen.
Kroatien bleibt hart
Serbien kann sich seit Jahren nicht durchringen, die beiden untergetauchten mutmaßlichen Kriegsverbrecher Goran Hadzic und Ratko Mladic an das UN-Tribunal in Den Haag auszuliefern. Die heimischen Medien haben zumindest bis 2006 immer wieder die Schlupfwinkel von Mladic nachgewiesen. Dennoch behaupten die serbischen Behörden, sie wüssten nicht, wo sich die beiden Männer verstecken. Ohne deren Auslieferung aber wird es keine weitere Annäherung an Brüssel geben.
Die besten Chancen für einen Beitritt hatte bis vor kurzem noch Kroatien. Doch die Verhandlungen, die eigentlich bis Jahresende abgeschlossen sein sollen, sind seit Monaten durch den Nachbarn Slowenien blockiert. Das EU-Mitglied Slowenien fordert erst einmal die Lösung des Grenzstreits in der Adria. Doch Kroatien bleibt hart. "Keinen Zentimeter kroatischen Bodens werden wir denen geben", versicherte der zurückgetretene Regierungschef Sanader wie eine Art Glaubensbekenntnis.
Quelle: ntv.de, Thomas Brey, dpa