Kommentare

Zwischenruf Die kalten Duschen des Joachim Gauck

Bleibt auch als Präsident unabhängig: Joachim Gauck.

Bleibt auch als Präsident unabhängig: Joachim Gauck.

(Foto: dapd)

Mit seinen Warnungen vor angeblicher Planwirtschaft bei der Energiewende wagt sich der Bundespräsident ein weiteres Mal aufs Glatteis. Leise Kritik von seinen Unterstützerparteien kommt bislang nur aus der zweiten Reihe der SPD. Wenn Gauck so weitermacht, kann er kräftig auf die Nase fallen.

CDU-Mann Peter-Michael Diestel hatte Recht, als er vor einer kalten Dusche warnte, die der Bundespräsident bereithält. Nur, dass sie so rasch kommen würde, konnte der letzte DDR-Innenminister nicht ahnen. Bei Lichte besehen, ist die Warnung Joachim Gaucks vor "Planwirtschaft" in der Energiepolitik auch gar nicht der erste Strahl.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Durão Barroso erklärte er, das Bundesverfassungsgericht werde der Regierung in Sachen Klage gegen Fiskalpakt und Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) schon zustimmen. Gauck setzte mit seinen Äußerungen die Karlsruher Richter faktisch unter Druck. Ein Mann, der sich als Demokratielehrer sieht, sollte wissen, dass die Judikative als einer der drei Säulen der Gewaltenteilung unabhängig ist. Freiheit ist das Lieblingsthema des Staatsoberhaupts. Doch dies bedeutet nicht, dass es als Verfassungsorgan die Entscheidung eines anderen Verfassungsorgans vorwegnimmt.

Nach Gaucks Wahl war zu hören, dass er sich künftig auch dem Thema soziale Gerechtigkeit widmen wolle. Bislang ist davon nichts aus Schloss "Bellevue" an die Öffentlichkeit gedrungen. Dabei gäbe es gerade im Zusammenhang mit der Energiewirtschaft einiges zu sagen. Schließlich haben schon die Pläne von Bundesregierung und Koalition zur Kürzung der Solarstrom-Förderung gerade in den neuen Ländern zu Entlassungen geführt. Vielleicht ist das fehlende soziale Engagement des Hartz-IV-Befürworters Gauck auch der Grund für die geringere Akzeptanz in den neuen Ländern. Einer Umfrage des Rostocker Regionalblattes "Ostsee-Zeitung" zufolge lehnen fast 60 Prozent der Leser die Ernennung Gaucks zum Ehrenbürger der Stadt ab.

Im Willy-Brandt-Haus werden sie sich die Haare raufen ob der Worte Gaucks zur . Geäußert hat sich bislang nur SPD-Vorstandsmitglied . Die Parteispitze aber wird schweigen. Auch von den Grünen ist kein Sterbenswörtchen zu hören. Schließlich war der Mann, dem FDP-Chef Philipp Rösler nun kräftig applaudiert, ihr Kandidat. Auch die Bundeskanzlerin sagt nichts, wenn sich der Staatsbesucher in Israel von ihrer Doktrin der Sicherheit des Landes als deutsche Staatsräson distanziert. Christian Wulff wird sich nicht aus der Deckung wagen, wenn der Nachfolger sein Wort über den Islam als Teil Deutschlands konterkariert. So wie sich das offizielle Warschau beim Staatsbesuch nicht mehr an die Gaucksche Kritik an der Oder-Neiße-Grenze erinnern wollte.

Doch wenn Joachim Gauck die kalte Dusche weiter aufgedreht lässt, wird’s seine Unterstützer irgendwann einmal heftig frösteln. Wie das dann weitergeht, kann er sich von seinem Vor-Vorgänger Horst Köhler erzählen lassen.

Bleskin.jpg

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 das politische Geschehen für n-tv. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist er Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen