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Die Ukraine-Wahl macht Mut Ja zu Poroschenko, Nein zu Putin

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Wahlsieger und neuer Präsident der Ukraine: der "Schokoladenkönig" Petro Poroschenko.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Eine Absage an Rechtsradikale und Russland, ein klares Bekenntnis zur eigenen Nation: Bei der Präsidentenwahl demonstrieren die Ukrainer beeindruckende Geschlossenheit. Besser hätte es kaum laufen können.

Ein Oligarch, ein Vertreter der alten Ukraine und noch dazu einer, der in der Vergangenheit häufig die Seiten wechselte: Man kann an diesem Petro Poroschenko, dem neuen Präsidenten der Ukraine, viel kritisieren. Ebenso kann man nicht aufhören zu betonen, wie unfassbar schwer die Aufgabe ist, die den 48-Jährigen erwartet. Dieses instabile Land will erst einmal befriedet werden. Aber bei aller berechtigten Skepsis gibt die Wahl auch Anlass zur Zuversicht: Das zurückliegende Wochenende dürfte als ein Lichtblick in das bisher so wenig erfreulich ukrainische Jahr eingehen. Etwas Besseres als diese Wahl mit diesem Ergebnis kann der Ukraine in dieser Situation nicht passieren.

Rückblickend betrachtet ist es schon ein Erfolg, dass die Wahl überhaupt stattgefunden hat, bei all dem Gegenwind, den Erschwernissen, die eine Durchführung zeitweise unmöglich erschienen ließ. Das Ergebnis ist - im Vergleich mit den illegalen Referenden auf der Krim und in der Ostukraine - eine ehrliche Wahl mit einem ehrlichen Ergebnis. Es gab offizielle Wählerlisten, Wahlbeobachter aus verschiedensten Ländern, keine Bewaffneten in den Wahllokalen, freie demokratische Wahlen also. Auch wenn Wähler im Osten massiv eingeschüchtert wurden, hat die Ukraine gezeigt, wie es geht.

Das Wichtigste ist jedoch: Der neue Präsident hat eine deutliche Mehrheit. Rund 55 Prozent der Ukrainer haben für Poroschenko gestimmt. Zur Erinnerung: Bei den vergangenen drei Präsidentenwahlen ging der Sieger - und das meist nur knapp - erst aus der Stichwahl hervor. Poroschenko ist dadurch, und das ist gerade in Krisenzeiten bedeutend, mit einer besonders großen Legitimation ausgestattet. Ein gutes Zeichen ist auch die Wahlbeteiligung von gut 60 Prozent, sogar im russischsprachigen Osten waren es immerhin 50 Prozent. Fast jeder Zweite hat sich also auch dort nicht davon abhalten lassen, wählen zu gehen.

Die entzauberten Faschisten

Die Wahl zeigt auch eindrücklich, in welche Richtung die Menschen in der Ukraine wollen. Sowohl Poroschenko als auch die Zweitplatzierte Julia Timoschenko vertreten eindeutig einen proeuropäischen Kurs. Demnach sind rund 70 Prozent der Ukrainer für die stärkere Westbindung. Die beiden prorussischen Kandidaten kamen zusammen lediglich auf rund sieben Prozent. Dies ist ein klares Zeichen, es ist ein klares Nein zu Russland. Nur eine absolute Minderheit wünscht sich eine engere Ausrichtung an Moskau.

Signalwirkung hat die Wahl noch aus einem anderen Grund. Im Gegensatz zu manchem europäischen Land haben die Ukrainer den Rechtsextremen an diesem Wochenende eine deutliche Absage erteilt. Swoboda-Chef Oleg Tjagnibok und Dmitri Jarosch, der Anführer des rechten Sektors, erhielten jeweils nur ein Prozent. Für die russische Regierung heißt das: Ihre Erzählung von den "Faschisten in Kiew" lässt sich kaum mehr aufrechterhalten. Für Russland bietet die Wahl auch deshalb keine Angriffsflächen. Wladimir Putin wird nun zeigen müssen, ob seine zuletzt geäußerten Zeichen der Entspannung ernst gemeint waren, und die Wahl in seinem Sinne zu "respektieren", wie er das angekündigt hatte.

Und Poroschenko? Beneiden wird ihn trotz seines beeindruckenden Sieges wohl kaum jemand. Es liegt jetzt an ihm, einen Neuanfang in die Wege zu leiten. Der Anfang könnte ein versöhnlicher und integrierender Ton sein, den die Regierung in Kiew zuletzt manchmal vermissen ließ. Noch am Sonntag kündigte Poroschenko an, in diesem Jahr vorgezogene Neuwahlen durchführen zu wollen. Mut macht auch das, was er nun als erstes vorhat: Die erste Amtsreise führt ihn gleich in die Region Donezk.

Quelle: ntv.de

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