Zwischenruf Shakespeare und die Bankenkrise
17.10.2011, 15:38 UhrDer Forderung nach einer stärkeren Kontrolle schließen sich immer mehr Politiker an. Mit der Forderung allein ist es aber nicht getan. Denn Eile ist geboten. Sonst zocken die Spekulanten ganze Staaten und Währungen in den Abgrund.
Natürlich haben der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel und nun auch die Bundesregierung Recht, wenn sie eine Trennung von Investmentbanking und Geschäftsbanken fordern. Investmentbanking und alles, was daran hängt, ist hochspekulativ und mithin risikobehaftet. Geht's gut, scheffeln Manager und Aktionäre Geld ohne Ende. Geht's schief, zahlt der deutsche Michel. Allein: Das war schon immer so, und das hätte der Sozialdemokratie schon während ihrer Regierungszeit auffallen müssen.
So erscheint die Forderung von Gabriel wie das Verhalten des Lokführers, dem der Zug davonfährt, und der in letzter Minute den Aufsprung wagt. Aber richtig: besser spät als niemals. Die Wucht der "Occupy"-Bewegung, sozusagen die Globalisierung von unten, hat dazu nicht unwesentlich beigetragen. Es reicht schon, wenn eine Piraten-Partei ohne Programm und Sachverstand in null Komma nichts knapp neun Prozent der Wählerstimmen für sich verbucht.
Hätte die deutsche Sozialdemokratie 1998/99 auf ihren damaligen Finanzminister gehört, hätte so einiges vermieden werden können. Heute reden viele so wie Oskar Lafontaine damals und fordern wie dieser jetzt erneut eine Regulierung der Finanzmärkte. Überhaupt scheint in Mode zu kommen, was die Linke so verkündet. Für einen Mindestlohn sind mittlerweile auch der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, und die FDP. Als die Linke zu Zeiten der Großen Koalition einen entsprechenden Antrag in den Bundestag einbrachte, stimmten sowohl Liberale als auch Sozialdemokraten dagegen. Allein: Den Dunkelroten nützt es bei den Umfragen wenig, weil sie sich in den vergangenen Monaten vor allem um Stalins (Schnurr-)Bart stritten.
Was geschehen muss, muss heute geschehen
Wenn nun auch die Bundesregierung über ein Trennbanken-System nachdenken will, lässt das aufhorchen. In der Schweiz übrigens steht das Thema sogar auf der Agenda der nationalistischen Rechten. Doch bei näherem Hinsehen entpuppt sich die Zustimmung aus Berlin als lange Bank: International darüber beraten zu wollen, heißt faktisch bis zu den griechischen Kalenden zu warten. Was geschehen muss, muss heute geschehen. Sonst machen die Banken frei nach Shakespeare, was sie immer taten: Was sie wollten. Und machen ganzen Staaten, Staatengruppen und Währungen den Garaus.

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de