Vorbild für die AfD? Trump hatte die bessere Story
11.11.2016, 07:15 Uhr
"Make America Great Again" war der zentrale Slogan in Trumps Wahlkampf.
(Foto: AP)
Ob es uns passt oder nicht: Donald Trumps "Make America Great Again" ist eine starke, aussagekräftige Kampagne. Er hatte eine Erzählung, die Menschen packt und begeistert.
Die Nachrichtenseiten und sozialen Netzwerke kennen nur ein Thema: Donald Trump wurde zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Die Aufregung um diese Neuigkeiten ist riesig. Die Emotionen reichen von Entsetzen und Bestürzung über Resignation, Kopf schütteln bis hin zu Angst.
In meiner Facebook-Timeline machen sich besonders Marketeers und Werber über diese Neuigkeiten Luft. Und obwohl ich selbst nicht glücklich über das Ergebnis bin, so bin ich trotzdem verwundert darüber, dass diese Nachricht für viele so unerwartet kommt.
Aus einem einfachen Grund: Auch wenn Donald Trump fachlich definitiv der schlechtere Kandidat war, so hat er doch eine Sache verdammt richtig gemacht. Und zwar etwas, womit wir Werber uns jeden Tag beschäftigen: Er hat den Menschen die bessere und überzeugendere Geschichte erzählt.
Denn das Kampagnenmotto "Make America Great Again" ist eine starke, aussagekräftige Kampagne und funktioniert nach Storytelling-Prinzipien, wie sie im Lehrbuch stehen. "Make America Great Again" erzählt eine klare, relevante Geschichte und hat einen einprägsamen Titel, der keine Fragen offen lässt.
Trump verstellt sich nicht
Erstens: Die Story folgt im Grunde genommen einer der sieben archetypischen Erzählungen, wie Christopher Booker sie in seinem Buch "The Seven Basic Plots" beschreibt. Sie behandelt das Thema Wiedergeburt mit dem Ziel, Amerika wie Phoenix aus der Asche steigen zu lassen und zu neuem Glanze zu führen.
Zweitens: Seine Kampagneninhalte spiegeln die tiefsten Bedürfnisse und Wünsche vieler Amerikaner wider – vor allem derjenigen, die sich über Jahre von der Politik vernachlässigt fühlten.
Drittens: Er überzeugt die Menschen mit einer starken, emotionalen Tonalität. So marschierte er bei seinen Wahlkampfveranstaltungen stets zur Musik von "Airforce One" in den Saal ein, in dem seine Anhänger auf ihn warteten.
Viertens: Darüber hinaus blieb der Unternehmer und Quereinsteiger sich immer treu. Er verstellte sich nicht. Deshalb waren seine Pöbeleinen und Hasstiraden auch am Ende kein Problem für ihn. Er kam am Ende authentischer, echter rüber als die vom Establishment geprägte und auf Wahlkampf getrimmte Gegenkandidatin, der keiner so recht über den Weg traute. Und das ist nicht nur in sich ziemlich konsequent, sondern hob sich auch deutlich von der Konkurrenzkampagne ab.
Starke, mitreißende Kampagne
Hillary Clinton hatte mit "Stronger Together" eine weitaus schwammigere Kampagne erschaffen, von der viele bis heute nicht wissen, was genau sie zum Ziel hatte. Wenn sie auch definitiv die bessere Kandidatin für den Job wäre, so hat es Clinton nicht geschafft, eine gute Geschichte zu erzählen. Eine Story, die Menschen packt und begeistert.
Denn sie hat am Ende nicht viel erzählt. Sie selbst und auch ihre starken Befürworter wie Michelle Obama waren trotz grandioser Reden nicht in der Lage zu vermitteln, wofür Hillary mit ihrer Kampagne und Politik steht. Im Wesentlichen wurde nur immer und immer wieder erklärt, dass sie die bessere Alternative zu Trump sei. Aber leider wurde nicht klar, warum! Im Gegensatz zu Donald Trump vermittelte sie keine Vision, keine Hoffnung.
Ich will mich hier weiß Gott nicht als Fürsprecher für Trump outen. Aber eins sollte uns bewusst sein: Dieser Mann hat es geschafft, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden, indem er eine starke und mitreißende Kampagne um seine Person erschaffen hat. Er hat die Herzen der Amerikaner erreicht, und mit dem Herzen haben sie gewählt.
Dass das der richtige Weg war, hatte Barack Obama mit seinen Kampagnen und den Themen "Hope", "Change" und "Yes We Can" bereits vor acht Jahren erfolgreich bewiesen.
Man könnte daraus auch in Deutschland eine Lehre ziehen, wenn man verhindern will, dass die AfD im nächsten Jahr vor der Bundestagswahl die bessere Geschichte hat als die etablierten Parteien.
Benedikt Holtappels ist CEO der GGH MullenLowe Group in Hamburg.
Quelle: ntv.de