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Der KZ-Überlebende und das Schlechte Wenn Steinbach wieder plaudert

Steinbach betont, dass sie sich mit Äußerungen zu diesem Mann "sehr lange auch wirklich zurückgehalten" habe.

Steinbach betont, dass sie sich mit Äußerungen zu diesem Mann "sehr lange auch wirklich zurückgehalten" habe.

(Foto: dpa)

Erika Steinbach hat auch romantische Seiten, wie sie nun in einem Interview betont. Leider sagt sie dann aber noch mehr und übt sich in Charakterstudien. Hätte sie doch geschwiegen.

Die Vertriebenen-Präsidentin rühmt sich gerne ihrer klaren Worte. Nun hat sie sich wieder einmal ziemlich unmissverständlich geäußert zum Deutschland-Beauftragten der polnischen Regierung, Wladyslaw Bartoszewski. "Bartoszewski hat einen schlechten Charakter. Das sage ich ohne Wenn und Aber", meinte sie in einem Interview in der ARD, in dem sie außerdem über ihren romantischen Charakter im Speziellen und konservatives Lebensgefühl im Allgemeinen plaudert.

Steinbach hätte gut daran getan, sich in ihren Äußerungen auf Eichendorff und die deutsche Romantik zu beschränken. Sicher, Bartoszewski hat sich sehr kritisch zu dem von ihr vorangetriebenen Zentrum gegen Vertreibungen geäußert. Und sicher mag sie sich verletzt gefühlt haben, dass sie trotz "herzlicher Briefe" von diesem nie eine Antwort erhalten hat. Doch wie sie bei aller persönlicher Gekränktheit daraus eine charakterliche Verderbtheit erkennen mag und dabei die Welt im Stile eines Georg W. Bush in die Kategorien von "Gut" und "Schlecht" einteilt, bleibt ein großes Rätsel.

Bartoszewski reagierte gelassen: Er wisse die Meinung von 41 Millionen deutschen Frauen zu schätzen. Die von Steinbach sei ihm aber egal.

Bartoszewski reagierte gelassen: Er wisse die Meinung von 41 Millionen deutschen Frauen zu schätzen. Die von Steinbach sei ihm aber egal.

(Foto: dapd)

Will sie etwa einen Rauswurf aus der CDU provozieren? Will sie die Verkaufzahlen für ihr Buch erhöhen, in dem sie weitere Erklärungen für ihre These verspricht? Oder will sie Thilo Sarrazin nacheifern und endlich mal sagen, was man doch wohl noch sagen darf?

Erika Steinbach, Mitglied im Menschenrechtsausschuss des Bundestags, ist lange genug im politischen Geschäft, um genau zu wissen, was sie tut. Und um zu wissen, dass ihre Äußerung in Polen und in Deutschland nur als eine weitere Provokation angesehen werden kann. Bartoszewski, ehemaliger Auschwitz-Häftling, polnischer Widerstandskämpfer und Solidarnosc-Aktivist, hat sich immer wieder für die Beziehungen zwischen Polen und Deutschen eingesetzt. Als erster polnischer Politiker hielt er zum 50. Jahrestags des Kriegsendes eine Rede vor dem Bundestag, in dem er ausdrücklich "das individuelle Schicksal und die Leiden von unschuldigen Deutschen" beklagte, die als Folge des Kriegs ihre Heimat verloren hatten. Gerade Bartoszewski, seit 1963 einer der "Gerechten unter den Völkern" in Yad Vashem, betonte immer wieder, dass das den Polen angetane Böse "keine Rechtfertigung sein dürfe für das Böse, das wir selbst anderen zugefügt haben."

Die CDU kann nur erleichtert sein, dass sich die Vertriebenenpräsidentin aus dem Bundesvorstand zurückziehen will. Schon mit ihren zweifelhaften Äußerungen zum Kriegsbeginn, dass sie es leider nicht ändern könne, "dass Polen bereits im März 1939 mobil gemacht hat", hatte sie eine Grenze überschritten. Jetzt hat sie sich endgültig in der Wortwahl vergriffen und macht ihrem Ruf als Giftmischerin für die deutsch-polnische Aussöhnung alle Ehre.

Quelle: ntv.de

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