Sicherheitslecks bei der Luftfracht "Achillesferse der Terrorabwehr"
01.11.2010, 18:49 UhrNach dem Fund von Paketbomben aus dem Jemen ist die Diskussion um die Luftsicherheit neu entbrannt. Der Ruf nach besseren Kontrollen wird laut. Doch statt Hysterie und Aktionismus fordert die Presse Besonnenheit und wohlbedachte Lehren.
"Nun soll alles besser und die Kontrollen von Frachtlieferungen verschärft werden. Das wird zu höheren Personalkosten an den Flughäfen und einer gewissen Entschleunigung des Warenverkehrs führen", glaubt die Hessische/Niedersächsische Allgemeine und macht zwei Ziele aus, die die Terroristen verfolgen: "Erstens die Verunsicherung der Bevölkerung in den westlichen Ländern, zweitens die Schädigung ihrer Volkswirtschaften durch die hohen Kosten zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen. Ihrem Ziel, die Vertreibung der Ungläubigen aus den muslimischen Ländern, werden die Terroristen damit nicht näherkommen. Die globalisierte Weltwirtschaft lässt sich von Terrorakten nicht stoppen. Und für die Menschen bleibt das Risiko gering, Opfer eines Anschlages zu werden. Gelassenheit und Wachsamkeit sind angesagt, nicht Hysterie und Aktionismus."
Das Handelsblatt fordert ebenfalls wohlbedachte Lehren statt schnellen Aktionismus: "Sie ist wieder da, die Angst vor dem Terror. Ein paar Päckchen aus dem Jemen, gerichtet an Adressen in den USA, haben uns vor Augen geführt, dass die relative Ruhe trügerisch war. Mit der wachsenden Angst kommt auch wieder der hektische Aktionismus. Die Debatte über schärfere Sicherheitsauflagen für Luftfracht ist voll entbrannt. Doch bei aller verständlichen Erregung, die Lehren aus dem Vorfall vom Wochenende sollten anders aussehen. Wir brauchen keine neue Flut an Auflagen und Meldepflichten, die nur mehr Daten produziert, aber nicht mehr Sicherheit. Was wir brauchen, sind international einheitliche Sicherheitsstandards mit Maß."
Auch die Stuttgarter Zeitung hält Hysterie für unangebracht, fordert jedoch eine neue Überprüfung der Sicherheit des Luftverkehrs: "Die bisherigen Erkenntnisse über die Paketbomben aus dem Jemen offenbaren Sicherheitslücken in einer heiklen Sphäre. Wie kann es sein, dass Flugpassagiere sich beim Einchecken Ärger einhandeln, wenn sie harmlose Parfumflakons nicht ordnungsgemäß in Klarsichtbeutel verpackt haben explosive Luftfracht aber den Globus umrundet, ohne ausreichend kontrolliert zu werden? Der aktuelle Fall bietet Anlass zur Sorge, aber nicht zur Hysterie. Die Sicherheit des Luftverkehrs sollte dringend neu überprüft werden. Im Moment ist im Frachtgeschäft die Zahl der Schwachstellen offenbar größer als die der Gewissheiten. Es gibt zu viele Schlupflöcher. Das ist eine Achillesferse der Terrorabwehr."
Für die Rhein-Zeitung aus Koblenz/Mainz sind die Anschlagsversuche der Beweis für eine stets vorhandene Bedrohung: "Man stelle sich nur einmal vor, das über Deutschland weiter verschickte Sprengstoffpaket wäre im Landeanflug auf den Flughafen Köln/Bonn explodiert. Es wäre blauäugig, nur weil es sich nicht um einen gezielten Anschlag gegen die Bundesrepublik gehandelt haben mag, die Hände in den Schoß zu legen. Nur jetzt urplötzlich aufzuschrecken und so zu tun, als werde man von Sicherheitslücken bei der Luftfracht überrascht worden, ist nicht minder heuchlerisch. Denn seit Jahren legen Terrorismusexperten den Finger genau in diese Wunde. Nur weil die Gefahr bislang nicht als real existierend wahrgenommen werden konnte, heißt das nicht, dass die Bedrohung nicht schon längst vorhanden war."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Nadin Härtwig