Diskussion um Frauenquote "Auf halbem Weg ausgebremst"
17.10.2011, 19:57 UhrIn den Chef-Etagen deutscher Dax-Konzerne sollen mehr Frauen sitzen, da sind sich alle einig. Ursula von der Leyen fordert daher eine gesetzlich geregelte Frauenquote. Die Konzerne sind von der Idee gar nicht angetan. Sie versuchen es vielmehr mit dem Versprechen, dass der Anteil von Frauen im Management oder anderen Spitzenjobs bis spätestens 2020 auf bis zu 35 Prozent steigen soll. Auch die Meinungen der Zeitungen gehen auseinander.
"Seit Jahren gibt es diese nett gemeinten Absichtserklärungen, ohne dass sich in den Chefetagen bislang viel verändert hätte. Frauen bleiben Mangelware." Dass eine Frauenquote daran etwas ändern würde, bezweifelt die Heilbronner Stimme. Denn das Hauptproblem vieler engagierter Mitarbeiterinnen sei es, "dass sie auf halbem Weg nach oben ausgebremst werden. Noch immer entscheiden sie sich im Zweifelsfall eher für Kinder statt Karriere, für Familie statt Firma. Danach sind sie raus im Rennen um Spitzenjobs."
"Die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote in den Führungspositionen der Dax-Firmen ist zwar dringend geboten", findet die Frankfurter Rundschau, schränkt aber ein, dass eine solche Quote nur einer kleinen Anzahl von Frauen betreffe, "der Mehrheit ist damit nicht geholfen. Ein schon 1998 von der rot-grünen Regierung angekündigtes Gesetz für die Gleichstellung in der Privatwirtschaft wäre ein wichtiger Schritt, ein weiterer die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns und die Umwandlung der 'Minijobs' in sozialversicherte Teilzeitstellen. Das alles wären dringliche Tagesordnungspunkte einer Agenda 2020."
"Wer gemischtgeschlechtliche Führung möchte, die stille Reserve heben will, muss die Kategorie Mann/Frau über Bord werfen und stattdessen ganzheitlich denken." Dazu gehören für die Frankfurter Neue Presse "familienfreundliche Arbeitszeiten für Mitarbeiter mit jüngeren Kindern, zeitliche Flexibilität, keine Meetings am Abend, Verständnis für eine Babypause und Fehlzeiten bei einem kranken Kind." Es gehe um eine ganz neue Arbeitskultur: "Nicht derjenige, der das Büro erst nach 19 Uhr verlässt, ist ein wertvoller Mitarbeiter, sondern derjenige, der seine Arbeit effektiv bewältigt. (...) Wer Karriere per Gesetz verordnen will, zäumt das Pferd von hinten auf."
Die Lübecker Nachrichten sind da anderer Ansicht, auch wenn Familienministerin Kristina Schröder meint, "Politik solle dafür sorgen, dass sich die Unternehmenskultur in Deutschland ändert, das könne man nicht vorschreiben. Das ist Quatsch. Natürlich kann man das. Dass eine Frauenquote funktioniert, hat zum Beispiel Norwegen gezeigt, das bereits 2003 eine Quote von 40 Prozent für die Spitzenpositionen in börsennotierten Konzernen beschlossen und heute auch erreicht hat."
"Alphamänner und Alphamännchen fürchten um ihre Stellung", kommentiert der Donaukurier (Ingolstadt). "Das Aus interner Männerriegen droht. Nur so ist es zu erklären, dass sich die Dax-Unternehmen, allesamt fest in Männerhand, mit Händen und Füßen gegen eine verbindliche Frauenquote wehren. Und die vehemente Ablehnung von mehr Präsenz von Frauen in den Unternehmen grenzt dabei schon fast an Selbstverleugnung. Studien belegen: Je besser die Gesellschaft auch in führenden Positionen in einem Unternehmen abgebildet ist, desto erfreulicher sind die Firmenergebnisse."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Katja Sembritzki