Pressestimmen

Neuverschuldung geht zurück "Bankrott bleibt bankrott"

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kann etwas aufatmen: In diesem Jahr wird er weniger neue Schulden machen müssen als befürchtet. Für 2010 werden neue Kredite von 60 bis 63 Milliarden Euro erwartet - bis zu 20 Milliarden weniger als geplant. Grund sind höhere Steuereinnahmen und geringere Arbeitsmarktkosten dank der besseren Wirtschaftslage sowie die einmaligen Milliarden-Erlöse aus dem Verkauf von Mobilfunklizenzen.

Schäuble kommt mit weniger Krediten aus.

Schäuble kommt mit weniger Krediten aus.

(Foto: picture alliance / dpa)

Für die in Kassel herausgegebene Hessische/Niedersächsische Allgemeine ist die geringer ausfallende Neuverschuldung kein Anlass also für Aufatmen oder gar Euphorie: "Natürlich ist es erfreulich, dass der Staat erheblich weniger Schulden machen muss als bislang befürchtet. Aber die jetzt erwartete Nettokreditaufnahme von bis zu 63 Milliarden Euro ist eben immer noch die mit Abstand höchste Neuverschuldung in der Geschichte des Bundes. Und Finanzminister Wolfgang Schäuble hat bei den jüngsten Sparberatungen durchblicken lassen, dass eine geringere Kreditaufnahme bereits in die Sparpläne eingepreist worden sei."

Die in Ulm herausgegebene Südwest Presse sieht in der Mitteilung "auch eine gefährliche Nachricht. Denn sie sorgt für große Begehrlichkeiten. Insbesondere im Inland, wo schon ein vielstimmiger Chor an Forderungen ertönt, nicht so viel zu sparen und insbesondere das Sparpaket ab 2012 abzuspecken. Das wäre fatal". 65 Milliarden Euro Schulden bleibe ein einsamer Rekord. "Die Regierung muss bis 2016 massiv sparen, um die Schuldenbremse im Grundgesetz einzuhalten und, nicht zu vergessen, das Vertrauen der internationalen Finanzmärkte zu behalten. Wie wichtig das ist, zeigen Griechenland und Spanien. Daher verdienen es alle Spar-Politiker, den Rücken gestärkt zu bekommen."

Im Mannheimer Morgen ist zu lesen: "Rund 15 bis 20 Milliarden Euro weniger neue Schulden eine solche frohe Botschaft müsste jedem Finanzminister die Freudentränen in die Augen treiben. Nicht aber Wolfgang Schäuble. Denn solche Zahlen sind natürlich Munition für die Gegner des Sparpakets, die jetzt glauben, man könne es wieder aufschnüren, weil der Sanierungsdruck angeblich gesunken sei". Das Blatt ist überzeugt: "Neben Schäuble dürfte auch die Kanzlerin nicht nur erfreut über die neuen Zahlen sein. Angela Merkel muss am Wochenende beim Weltwirtschaftsgipfel in Kanada ihren harten Sparkurs verteidigen. Vor allem die USA bedrängen sie, weil sie glauben, dass dieser Gift für die Weltkonjunktur ist. Der Widerstand gegen das Sparpaket wird wachsen im In- und im Ausland. Ob Merkel das durchhält, ist eine spannende Frage."

"Der Druck, zumindest einen Teil der Kürzungen zurückzunehmen, wird jetzt steigen", konstatieren auch die Kieler Nachrichten. Auch wenn es gute Argumente gebe, um über die Zusammenstellung des Paktes zu streiten: "Am Volumen der geplanten Einsparungen sollte jedoch auf keinen Fall etwas geändert werden". Dies seien die Bundestagsparteien den jetzigen und künftigen Steuerzahlern schuldig.

Für die Neue Osnabrücker Zeitung bleibt der Saldo trotz der geringeren Neuverschuldung skandalös: "Gut ein Fünftel des Bundesetats wird auf Pump gebaut. Daher geht jede Überlegung fehl, wo an den Kürzungsplänen der Regierung etwas zurückzunehmen ist. Um des sozialen Friedens willen mag auch über einen höheren Spitzensteuersatz geredet werden. Aber jedes weitere Schielen auf noch mehr Einnahmen verbietet sich. Unbedingt zu reden ist jedenfalls noch über Steuersenkungen. Oder wer kennt ein Land, dem in den vergangenen 30 Jahren eine Haushaltssanierung ohne diesen Schritt gelungen wäre?"

Das Coburger Tageblatt stellt fest: "Welch armselige Freude: Da ist einer froh darüber, dass er nicht 80 Meter tief fällt, sondern bereits nach 60 Metern aufschlägt. Der Aufprall im Schuldenloch bleibt trotzdem knüppelhart, auch wenn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) 20 Milliarden Euro weniger neue Schulden machen muss. Statt 80 Milliarden nur 60 wie gesagt, Grund zum Jubeln ist das nicht. Bankrott bleibt bankrott".

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Susanne Niedorf

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