Pressestimmen

Guttenberg wird Berater in der EU "Bock zum Gärtner gemacht"

Karl-Theodor zu Guttenberg hat einen neuen Job: Er wird EU-Berater für Internet-Freiheit. Das ist eine tragikomische Polit-Satire. Denn ausgerechnet der Mann, der von Internetaktivisten als Abschreiber entlarvt wurde, soll sie nun schützen. Diese Personalie der EU-Kommissarin Neelie Kroes wird dem Ernst des Themas alles andere als gerecht.

Guttenberg plant kein politisches Comeback in Deutschland - sagt er.

Guttenberg plant kein politisches Comeback in Deutschland - sagt er.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Märkische Allgemeine wüsste nur zu gerne, "wer der EU-Kommissarin Neelie Kroes den Rat gegeben hat, sich ausgerechnet Karl-Theodor zu Guttenberg als Berater für Internetfreiheit zu holen". Denn der ehemalige Verteidigungsminister habe sich nicht gerade den Ruf eines Netzexperten erworben. Aber vielleicht habe die eigene Erfahrung ihn zum Fachmann für den Posten gemacht? Immerhin seien es Internet-Aktivisten gewesen, die ihn als Abschreiber enttarnten. Kroes sagt dazu: "'Ich suche nach Talent und nicht nach Heiligen.'" Für das Blatt sei dies eine Begründung, mit welcher man "Wladimir Putin zum Menschenrechts- oder Lothar Matthäus zum Gleichstellungsbeauftragten" machen könnte. Denn "talentiert sind die allemal."

"Und wieder mal schreibt das Leben selbst die besten Satiren", meinen auch die Nürnberger Nachrichten: "Der Fall Guttenberg wird derzeit verfilmt – doch auf die Idee, ihn ausgerechnet zum EU-Berater für Internet-Freiheit zu küren, wäre kein Drehbuch-Autor gekommen: Ist doch zu platt, dieser Gag, hätte ein berechtigter Einwand gelautet." Doch die zuständige EU-Kommissarin habe Guttenberg um jeden Preis für diesen Posten gewollt. Nach Meinung der Zeitung schade sie damit der Sache und den beteiligten Personen. "Kroes offenbart so ziemlich drastisch die Abgehobenheit der Brüsseler Kommission." Und welche Rolle spiele Guttenberg, fragt das Blatt weiter. "Sein Drang zur Öffentlichkeit scheint so groß, dass es ihm fast schon egal ist, womit er Schlagzeilen macht. Eine tragikomische Polit-Satire" eben.

Für das Straubinger Tagblatt/die Landshuter Zeitung bleibt Guttenberg seiner Rolle treu. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt auf der politische Bühne in Europa nutze er einmal mehr "die Gelegenheit, sich als Opfer aufzuspielen: 'Ich habe persönlich die Macht des Internets erfahren.'" Sei das etwa eine ausreichende Qualifizierung für seine neue Aufgabe? "Dass ihn die Spezies der Netzaktivisten, für die er sich nun starkmachen soll, als Abschreiber entlarvt hat?", fragen die Zeitungen ungläubig. Zwar sei Internetfreiheit wichtig, aber mit dieser Personalentscheidung werde die EU-Kommissarin Kroes "dem Ernst des Themas (…) nicht gerecht. Denn um die Sache ging es (…) nicht, sondern um Guttenberg." Der betont indes wieder einmal, dass er kein Comeback in Deutschland plane. "Doch dass der Brüsseler Job Teil einer längerfristigen Strategie ist, darf man getrost unterstellen."

"Guttenbergs Drang zurück ins Scheinwerferlich zeichnet das Bild eines Mannes, der gar nicht daran denkt, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen", konstatiert die Aachener Zeitung. "Er ist mit sich absolut im Reinen. Diese Selbstgerechtigkeit wird nur noch von der erschreckend großen Masse derer gekrönt, die immer wieder bereit ist, ihm die Bühne zu bereiten. Man darf sehr gespannt sein, wo das hinführt."

"Guttenberg wäre gut beraten gewesen, für einige Jahre in Sack und Asche zu gehen, Reue und Buße zu üben", schreibt der Mannheimer Morgen. Doch die Denk- und Demutspause in den USA reiche dem "Narziss" nicht. Trotz Leugnung bastle er schon längst an seinem politischen Comeback. Und "da kommt ihm ein edler Berater-Job für Demokratie und Menschenrechte gerade recht". Die EU-Kommissarin Neelie Kroes sehe ihn als ein "'Schlüsselelement'". Für das Blatt sieht es eher so aus, "als habe sie den Bock zum Gärtner gemacht".

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Julia Kreutziger

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