Abwrackprämie "Der Staat sollte sich raushalten"
02.09.2009, 20:45 UhrAb heute kann keinen Neuantrag auf staatliche Förderung mehr stellen, wer sein altes Auto verschrotten und sich dafür einen Neuwagen kaufen möchte. Die staatliche Abwrackprämie ist aufgebraucht. Zeit also, sich zu fragen: Wurde die Konjunktur durch die Prämie wirklich angekurbelt? Die Presse kommt zu einem vernichtenden Urteil: Die Verschrottungsprämie wird nicht nur der Autowirtschaft schaden.

Die Rabattschlacht hat, wie hier in Rostock, bereits begonnen.
(Foto: dpa)
"Wer in der Politik und in der Wirtschaft auf Nachhaltigkeit statt auf Strohfeuer setzt, der hat durch das Abwrackgeschenk verloren." Straubinger Tagblatt und Landshuter Zeitung sparen nicht mit Kritik und benennen die negativen Auswirkungen: "Wirtschaftsgüter, die durchaus noch ihren Wert hatten, wurden vernichtet, die Steuerlast für künftige Generationen wurde weiter vergrößert. Die Chance, auch in der deutschen Autoindustrie schneller auf umweltfreundliche Fahrzeuge umzusteigen und damit den Absatz auch in der Zukunft zu sichern, wurde vertan." Dem Rausch wird wohl "der Katzenjammer" folgen, der "der deutschen Wirtschaft und der Politik im kommenden Jahr schwere Kopfschmerzen bereiten" wird. Nämlich dann, wenn "in vielen Betrieben die staatliche geförderte Kurzarbeit ausläuft und die Arbeitslosigkeit zunimmt. Und kaum jemand noch ein Auto kaufen will."
Auch wenn sie "heftig gejubelt" wurde, steht die Abwrackprämie beispielhaft für das fragwürdige Eingreifen des Staates in den Markt, so der Fränkische Tag aus Bamberg. Die Konsequenz: "Unzählige Gebrauchtwagenhändler zahlen mit ihrer Existenz für die staatlich subventionierte Versorgung ihrer einstigen Kundschaft mit Neuwagen, und nicht viel anders ergeht es all den kleinen Reparaturwerkstätten, die die Autos am Laufen hielten, die nun verschrottet sind. Auch der Einzelhandel wird spüren, dass dem staatlich subventionierten Autokäufer das Geld für die Anschaffung von Möbeln oder Elektrogeräten fehlt."
"Für die Ökonomen galt die Abwrackprämie aus ordnungspolitischer Sicht als Sündenfall. Die Subventionierung einzelner Branchen sollte von den Politikern endgültig eingestellt werden. Sie passt nicht zu unserer Marktwirtschaft. Die dadurch hervorgerufenen Verzerrungen sind zu groß, selbst für die geförderte Autobranche gab es falsche Signale. Mit Recht fühlen sich andere Hersteller langlebiger Konsumgüter wie etwa die Möbelindustrie vernachlässigt und müssen mit Absatzeinbrüchen kämpfen. Der Staat sollte sich aus einzelnen Märkten heraushalten. Rahmenbedingungen kann er setzen, beispielsweise mit Steuersenkungen", findet die Westdeutsche Zeitung aus Düsseldorf.
Unter den "Nebenwirkungen der Abwrackprämie" hätten aber vor allem "Autobauer und Neuwagenhändler" zu leiden haben, stellen die Kieler Nachrichten fest. "Denn in den vergangenen acht Monaten haben sich die Kunden an Neuwagenpreise gewöhnt, die mit solider Margen-Kalkulation komplett unvereinbar sind. Um die Kauflaune auch nur einigermaßen zu erhalten, müssen Hersteller und Händler den Kunden künftig mehr bieten: mehr Auto fürs gleiche Geld oder mehr Rabatt."
Der gleichen Meinung ist auch der Nordbayerische Kurier aus Bayreuth: "Abwracken war gestern, jetzt kommt die Rabattschlacht. Härter, als wir sie je erlebt haben. Die Abwrackprämie war süßes Gift für Hersteller, Händler und Kunden. Sie hat die Autopreise für lange Zeit beschädigt, weil hohe Nachlässe im Gedächtnis haften bleiben." Der Kunde wird mit gewaltigen Rabatten geködert werden müssen. Und "die Autokrise klopft auch schon an die Messehallen der IAA, die am 17. September startet: mit 15 Prozent weniger Ausstellungsfläche und nur noch 750.000 (zuletzt 900.000) erwarteten Besuchern. Für die deutsche Auto AG beginnen schwere Zeiten."
Zusammengestellt von Katja Sembritzki
Quelle: ntv.de