Pressestimmen

FDP-Steuerkonzept Ein "jämmerliches Reförmchen"

"Einfacher, niedriger, gerechter" - so stellt sich die FDP seit Jahren das Steuersystem vor. Jetzt haben sie ihr zentrales Wahlversprechen gebrochen: In Berlin präsentierten die Liberalen mit ihrem Fünf-Stufen-Modell , das "nur" 16 Millarden Steuerentlastung beinhaltet, eine deutlich abgespeckte Version ihrer ursprünglichen Forderungen. Dass die FDP bei der Gegenfinanzierung auf ein stärkeres Wirtschaftswachstum hofft, hält n-tv.de für "naiv, wenn nicht gar unseriös".Auch andere Medien sehen die Partei noch lange nicht in der Realität angekommen.

FDP-Finanzexperte Solms erklärt das neue Steuermodell.

FDP-Finanzexperte Solms erklärt das neue Steuermodell.

(Foto: dpa)

Für die Oldenburgische Volkszeitung ist die FPD an ihren eigenen Ansprüchen gescheitert: "Das neue Steuerkonzept der FDP ist ein Dokument der ideologischen Kapitulation. Das kann man als Reifungsprozess verstehen. Als späte Konsequenz des Wechsels von der lautstarken Oppositionsrolle zur pragmatischen Regierungsarbeit - und dem Bemühen sich selbst dabei treu zu bleiben. Doch genau hier scheitern die Freidemokraten. (...) Eine Absenkung des Spitzensteuersatzes wäre dringend erforderlich gewesen: Um den Konsum in Schwung zu bringen. Und ganz besonders auch um die propagierte Gerechtigkeit umfassend umzusetzen. Die Liberalen blenden jedoch jenen wichtigen Teil der Mittelschicht völlig aus, der unverhältnismäßig hoch in die Pflicht genommen wird. Die FDP hat ihre Glaubwürdigkeit eingebüßt."

Wer sein Wahlversprechen bricht, der muss mit der Missgunst der Wähler rechnen. In diesem Fall aber, so die Kieler Nachrichten, sei der Gesichtsverlust der FDP positiv für die Bürger: "Die FDP ist umgefallen. Nach fünfmonatiger Bedenkzeit, einem rasanten Absturz in den Umfragen und wachsendem Misstrauen in die Regierungsfähigkeit haben die Liberalen ihr zentrales Wahlkampfversprechen zurückgezogen. Sie ersetzen es durch ein jämmerliches Reförmchen, das den Gesichtsverlust nicht überdecken kann. Der junge Vorsitzende Guido Westerwelle brauchte Jahre, bis er das Image der FDP als Umfallerpartei losgeworden ist. Wer die FDP für ihre steuerpolitischen Versprechen gewählt hat, wird sich nun an diese Zeiten erinnern. Und es ist ja beileibe keine Petitesse, wenn eine Partei nach der Wahl das glatte Gegenteil dessen vertritt, was sie vorher versprochen hat. Doch diesmal erweisen die umgefallenen Liberalen den Bürgern einen großen Dienst: Ihre Steuerfantasien sind schlicht nicht finanzierbar."

Die Schwäbische Zeitung aus Leutkirch hält die Steuerpläne für nicht umsetzbar: "Wenn Fassaden bröckeln, Schulen verdrecken, Straßenbeläge aufbrechen und Theater und Schwimmbäder schließen, dann wächst die Wertschätzung einer funktionierenden Gemeinde. Und dafür sind auch jene Milliarden dringend nötig, die die FDP in die steuerliche Entlastung stecken will. Hier hat die FDP den Schuss nicht gehört. Die Pläne der Liberalen haben in diesem Umfang keine Chance."

Die Abendzeitung aus München hat große Hoffnungen, dass die FDP nicht nur auf dem Feld der Steuerentlastungen einen kleinen Schritt in die richtige Richtung unternommen hat: "Steuersenkungen, Stufentarif, Kopfpauschale - in allen wirtschaftsliberalen Kern-Themen beweist der vermeintlich kleine Mann mehr Kompetenz als die FDP. Umfragen zeigen: Die Deutschen wissen, dass nicht die Zeit ist für Steuersenkungen. Sie ärgern sich über das komplizierte Steuerrecht, lehnen aber einen Stufentarif der vor allem Freiberuflern und Unternehmern mit Gestaltungsspielraum nutzt ab. Und die Kopfpauschale finden viele einfach nur unsozial. Das mit den Steuersenkungen hat die FDP nun kapiert - vielleicht erweist sie sich bei den anderen Themen auch als lernfähig."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Katja Sembritzki

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