Pressestimmen

Ägypter feiern Mubarak-Rücktritt "Ein seltsamer Moment"

Nach 18 Tagen ununterbrochener Proteste habe es die Demonstranten geschafft: der ägyptische Präsident Husni Mubarak ist von seinem Amt zurückgetreten. Der Jubel auf dem Tahrir-Platz ist groß – aber die Opposition einte nur der Wunsch, das alte Regime zu stürzen. Wie wird es jetzt weitergehen?

Jubel auf dem Tahrir-Platz in Kairo.

Jubel auf dem Tahrir-Platz in Kairo.

(Foto: dpa)

"Den Zeitpunkt für einen würdevollen Rückzug hat Husni Mubarak verpasst. Weil er, wie so viele Despoten vor ihm, die Stimme des Volkes nicht hören oder gar verstehen, den Hass der Straße nicht wahrhaben wollte." Seine "blumige Rede" vom Donnerstagabend hätte zu einem Volksausstand führen können, so die Westfälischen Nachrichten. Deshalb "zog die Armeespitze die Notbremse. Das Militär hat sich zuvor geschickt verhalten. Kein Wort der Kritik an Mubarak drang nach außen, obwohl zweifellos Druck auf ihn ausgeübt wurde. Den Demonstranten wurde vermittelt, dass die Soldaten auf ihrer Seite stehen. Die Generäle festigten ihre Autorität. Ägypten hat die Chance auf einen echten Neuanfang."

"Die gute Botschaft von Kairo ist: Selbst Diktatoren haben nur Macht auf Zeit ­ und sind über kurz oder lang am Ende, wenn das Volk sie satt hat. Deutschland hat Erfahrung mit dieser Art von Revolution und fiebert deswegen besonders mit. Wenn der ägyptische Aufbruch friedlich bleibt, wenn die Menschen und vor allem die Militärs weiter besonnen und klug agieren, dann wird dieser Vorfrühling von Kairo eine Hoffnung für die ganze Welt", glaubt die Abendzeitung aus München.

In all dem Jubel erinnert die Frankfurter Rundschau daran, dass es "ein seltsamer Moment" ist, in dem die Welt die Machtübernahme durch die Militärs als "demokratischen Erfolg" feiert. Aber, schreibt das Blatt, "so hat jeder Aufbruch seine eigene Geschichte. Sollte in den kommenden Monaten alles gutgehen, sollten die Ägypter in freien Wahlen eine neue, demokratische, vielleicht sogar vielstimmige Regierung wählen, dann war es am Ende ein Erfolg der Demonstranten. Sie haben Provokationen ertragen, Enttäuschungen eingesteckt und Furcht mit Hoffnung und nicht mit Gewalt vertrieben. Sie haben sich so ein kleines Wunder geschaffen, das zu bewahren sich lohnt."

Allerdings eint die Protestbewegung nichts außer der gemeinsamen Ablehnung des alten Regimes. Die Heilbronner Stimme fragt sich daher, wie es weitergeht wird, denn "jetzt müssen Säkulare und Islamisten, Arme und Reiche, Städter und Bauern Farbe bekennen, wie das neue Ägypten genau aussehen soll. Die Euphorie über den Rückzug Mubaraks dürfte sich bald legen, wenn die Oppositionsparteien nicht mehr miteinander marschieren, sondern zu politischen Konkurrenten werden. Die eigentliche Bewährungsprobe für die Revolution beginnt erst noch."

Auch der Wiesbadener Kurier sieht Gefahren für das Land auf dem Weg in eine geordnete Zukunft. Problematisch sei vor allem, dass "eine zentrale Führungsfigur jenseits des Militärs, von dem jetzt alles abhängt, fehlt. Kann Mohammed el-Baradei in diese Rolle wachsen? Oder gewinnen Islamisten die Oberhand? Welche Auswirkungen hat Ägypten, das eine ganz andere Dimension hat als Tunesien, auf die übrigen maroden Regimes im Nahen Osten und im Maghreb? Und was bedeutet der Umsturz für Israel? Fragen, die geklärt werden müssen, soll aus einem großen Augenblick der Geschichte ein dauerhafter Erfolg werden."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Katja Sembritzki

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