FDP gibt sich Führungsduo "Eine Form des Untot-Seins"
21.01.2013, 21:31 Uhr
Philipp Rösler und Rainer Brüderle.
(Foto: dpa)
Die FDP schneidet bei der Wahl in Niedersachsen außerordentlich gut ab - Parteichef Rösler kann deshalb Parteichef bleiben. Dennoch wird Fraktionschef Brüderle die FDP in den Bundestagswahlkampf führen. Der innerparteiliche Machtkampf ist vorerst entschieden.
"Die FDP mausert sich zum Gegenentwurf des Ohnsorg-Theaters. Nicht volksnah, aber sehr unterhaltsam", schreibt die Landeszeitung aus Lüneburg. "Derzeit wird auf der Berliner Dehler-Bühne das Stück "Szenen einer Scheinehe" inszeniert. In den Hauptrollen: FDP-Chef Philipp Rösler und der Spitzenkandidat in spe, Rainer Brüderle. In Neben- und Schurkenrollen treten Christian Lindner, Dirk Niebel und Wolfgang Kubicki auf." Hinter den Kulissen versuch die Partei seit Monaten, sich selbst zu zerlegen - und Rösler zum Rücktritt zu bewegen.
Das sieht der Konstanzer Südkurier anders. "Die Debatte um den FDP-Vorsitz ist zu Ende", heißt es dort. "Die Stühlesäger können ihr Handwerkszeug wegpacken. Jetzt zeigt sich: Die Kritikerriege um Brüderle und Niebel hat sich verrechnet."
"Der angeschlagene Parteichef Philipp Rösler tat, was ihm kaum noch jemand zugetraut hatte: Er spielte mit seinen Gegnern ein taktisches Spiel - und gewann", meint die Badische Zeitung. "Ob diese Aufstellung der FDP weiterhilft, darf allerdings bezweifelt werden. Denn angeschlagen sind nun beide: der Taktiker Rösler und der Zauderer Brüderle."
"Für Fraktionschef Brüderle ist die Sache ganz dumm gelaufen", stellt die Aachener Zeitung fest. "Mit dem ungeliebten Parteichef ein Duo zu bilden, bringt mehr Verdruss als Freude. Aber dazu sind die beiden Rivalen nun gezwungen: der eine, dem der Mumm fehlt, der andere, dem nichts mehr zugetraut wird."
"Wo steht die FDP in der Umweltpolitik, in der Sozialpolitik, in der Finanzpolitik, in der Wirtschaftspolitik?", fragt der Bonner General-Anzeiger. "Wo steht sie bei den neuen Medien, auch mit Blick auf Innovationsanreize, etwa in der Informationstechnologie? Wo sind die Ansätze, die dieses Land voranbringen?" Die FDP müsse jetzt liefern.
"Die FDP hat aus dem unerwartet guten Ergebnis in Niedersachsen die falschen Schlüsse gezogen", meint die Augsburger Allgemeine. "Jeder weiß, dass die überwältigende Mehrheit derer, die am Sonntag liberal gewählt haben, vor allem der CDU helfen wollten und nicht Philipp Rösler. Trotzdem hält die Partei an ihrem Vorsitzenden fest. Und nicht genug: Mit Rainer Brüderle steht ihm nun ein Spitzenkandidat zur Seite, der seinen Chef offenbar für eine Fehlbesetzung hält, aber nicht den Mut hatte, selbst die Nummer eins zu werden."
Die Mittelbayerische Zeitung schreibt: "Die Liberalen werden mit einer bangen Frage im Kopf durch die kommenden Monate wandeln: Was genau war Niedersachsen jetzt eigentlich? Die Auferstehung war das wohl kaum. Eher eine Form des Untot-Seins." Die Partei werde sich anstrengen müssen, "zu beweisen, dass ihnen die Umgestaltung der Führungsebene dauerhaft neues Leben einflößen kann - oder ob die FDP in ihrer heutigen Gestalt nicht doch dauerhaft im Reich der Untoten verharrt, egal, wer sie leitet und in den Bundestagswahlkampf führt."
Der junge Vorsitzende Philipp Rösler habe seinen ersten großen Härtetest bestanden, so die Ludwigsburger Kreiszeitung. "Er hat mit Fraktionschef Rainer Brüderle offen um die Macht gerungen, hoch gepokert und gewonnen."
"Immerhin hat der Parteichef Machtinstinkt bewiesen und einen Moment der Stärke genutzt, um seine eigene Position zu sichern", formuliert die Süddeutsche Zeitung. "Für einen Vorsitzenden, der noch vor Kurzem damit rechnen musste, vom Hof gejagt zu werden, steht Rösler nun eigentlich ganz passabel da. Und weil er es verstanden hat, im entscheidenden Moment von vorne zu führen, ist er keineswegs ein Parteichef von Brüderles Gnaden. Eher umgekehrt."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Thomas E. Schmitt