Pressestimmen

Sonderkonto für Griechenland "Friss, Vogel, oder stirb"

Viel Zeit zum Handeln bleibt der griechischen Regierung nicht mehr.

Viel Zeit zum Handeln bleibt der griechischen Regierung nicht mehr.

(Foto: dpa)

Griechenland bleibt das Sorgenkind der EU. Weil die von der "Troika" eingeforderten Sparmaßnahmen bislang nicht umgesetzt werden, erhöhen Angela Merkel und Nicolas Sarkozy den Druck. Zur Tilgung der Schulden Griechenlands schlagen sie ein Sperrkonto vor, über das Zinszahlungen abgewickelt werden sollen. Eine goldene Brücke für Athen? Oder nichts anderes als Mobbing?

Dass Griechenland eigentlich nicht mehr zu retten ist, wissen auch Merkel und Sarkozy. Den Vorschlag eines Sonderkontos wertet der Weser-Kurier daher als "letzte Warnung und goldene Brücke zugleich: Die griechischen Wahlkämpfer könnten immerhin darauf verweisen, dass sie von gnadenlosen Gläubigern dazu gezwungen wurden." Auf die Beteuerung der beiden mächtigsten Regierungschefs der EU, "die armen Griechen unbedingt in der Euro- Zone halten" zu wollen, "sollten sie keinen Cent geben", meint die Zeitung aus Bremen.

Egal ob Sparkommissar oder Sperrkonto, für den Mannheimer Morgen sind beide Ideen "genau genommen unfassbar", laufen sie doch "de facto auf eine Erniedrigung Griechenlands zum EU-Protektorat hinaus. Ohne Haushaltshoheit wäre jede griechische Regierung eine Marionette der EU-Kommission." Allerdings habe sich Griechenland selbst in die "ausweglose Situation" hineinmanövriert, der das Land "nur noch durch einen Austritt aus der Währungsunion entfliehen kann". Der Druck der Europartner habe daher auch ein klares Ziel: "Da die Währungsunion kein Mitglied ausschließen kann, muss man einen Wackelkandidaten so lange mobben, bis er freiwillig geht."

Die Kieler Nachrichten sehen in den Forderungen von "Merkozy" ein "Spardiktat nach dem Motto 'Friss, Vogel, oder stirb'. Daran sollten jedoch auch diejenigen keinen Anstoß nehmen, die Europa als Solidargemeinschaft ansehen. Die Griechen leben weiter über ihre Verhältnisse. So kann es nicht weitergehen." Das Blatt sieht nur zwei Möglichkeiten: "Entweder erfüllt Athen die Forderungen der EU oder die Hilfen müssen gestoppt werden. Es geht hier auch um die Glaubwürdigkeit der Kanzlerin gegenüber ihren Wählern."

"Griechenland benötigt nicht einfach nur Geld - sondern eine kulturelle Revolution. Das benötigt Zeit - den Willen dazu vorausgesetzt." Bis dahin müsse unter Betreuung gewirtschaftet werden, findet das Hamburger Abendblatt. "Eine Pleite Griechenlands und einen Austritt aus dem Euro sollte aber niemand ernsthaft erwägen. Es wäre der Offenbarungseid auch für die Idee der europäischen Einigung." Und auch wenn die EU bei der Einführung einer gemeinsamen Währung schwerwiegende Fehler gemacht hat, wäre es jetzt der größte Fehler, "das Projekt Europa bei der ersten Krise scheitern zu lassen."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Katja Sembritzki

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