Pressestimmen

Franziskus und die Hoffnungen "Kein Revolutionär"

Was kommt da demnächst aus Rom? Papst Franziskus.

Was kommt da demnächst aus Rom? Papst Franziskus.

(Foto: dpa)

Der Druck ist groß, der schon jetzt auf Papst Franziskus lastet. Vor allem die Katholische Kirche in Europa wünscht sich Reformen. Die deutschen Tageszeitungen gehen auf die Bremse. Zu viel kann von dem Argentinier augenscheinlich nicht erwartet werden.

Die Nürnberger Nachrichten schreiben: "Alle Jubler, die jetzt schon komplett neue Zeiten heraufbrechen sehen, seien aber gewarnt. Ein Modernist wird Jorge Mario Bergoglio wohl höchstens als Sozialreformer werden. Ziemlich sicher aber nicht als einer, der in Fragen der priesterlichen Ehelosigkeit, der Frauenordination oder der Sexuallehre voranschreitet."

Auch die Wetzlarer Neue Zeitung ist vorsichtig: "Einen neuen Blick kann die Kirche von dem neuen Papst aus der Neuen Welt gewiss erwarten. Menschlichkeit, ein soziales und ökologisches Gewissen - dafür steht Franziskus. Aber mit einer Revolution sollte niemand rechnen - weder beim Zölibat noch bei der Homo-Ehe oder beim Thema Abtreibung. Denn als eines galt der Argentinier Jorge Mario Bergoglio bislang nicht: als Liberaler."

Die Stuttgarter Zeitung meint: "Im einst streng katholischen Brasilien sind nicht einmal mehr zwei Drittel der Bevölkerung katholisch - und daran soll die Weltkirche genesen? Es ist natürlich naiv zu erwarten, dass ein 'fortschrittlicher' Papst seine Kirche so verändert, dass sie mit der heutigen modernen, weltlichen, durch und durch materialistischen und tatsächlich weitgehend gottlosen Gesellschaft in Einklang ist. Egal wie fortschrittlich oder konservativ ein Papst ist, von zentralen Dogmen wird er nicht abgehen können."

Der Tagesspiegel gibt zu bedenken: "Einen Revolutionär wird der Mann, der vehement gegen Homoehe und Abtreibung eintritt, nicht abgeben. Gegen das Sodom und Gomorrha der Hedgefonds-Spekulanten und den Wahnsinn der elektronischen Finanzströme wird auch ein Papst Franziskus kaum viel aufbieten können. Vielleicht gelingt ihm jedoch zumindest so etwas wie die Vertreibung der Händler aus dem Tempel, indem er mit den Skandalen um die Banca del Vaticano aufräumt, Intrigen im Inneren des autoritären Staatsgebildes Vatikan vereitelt und die Pädokriminellen im System zur Rechenschaft zieht. Vielleicht auch weckt der argentinische Jesuit Franziskus bei einigen Reichen das Gewissen oder die Angst vor dem Nadelöhr. Das wäre schon eine Menge."

Der Kölner Stadt-Anzeiger ist da optimistischer, wenn er schreibt: "Mancher in der römischen Kurie hingegen dürfte schon jetzt frösteln beim Gedanken an die Frischluftzufuhr aus Buenos Aires. Ein Bischof wie Bergoglio, der sich in der Leitung einer großen Ortskirche zu bewähren hatte, wird den Apparat kaum laufen lassen wie bisher. Als Chef der lateinamerikanischen Bischofskonferenz hat Bergoglio gezeigt, dass er Verbündete sammeln und Allianzen schmieden kann. Mit den richtigen Leuten an den richtigen Stellen im Vatikan hat er Chancen gegen Strippenzieher und Dunkelmänner in der Mitte des katholischen Universums.

Das für seine Region wichtige Delmenhorster Kreisblatt glaubt: "Der Argentinier bildet global gesehen die katholische Kirche gut ab. In den mitgliederstarken Gemeinden Südamerikas und Afrikas ist bittere Armut allgegenwärtig, während die Probleme der Europäer dort nur eine untergeordnete Rolle spielen. Nun wird sich der Neue im Vatikan mit der Vatileaks-Affäre, den Missbrauchs-Skandalen und der Frage, wie er es mit der evangelischen Kirche hält, stärker auseinandersetzen müssen. Und er wird gezwungen sein, neue Antworten zu finden."

Quelle: ntv.de

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