Pressestimmen

Neuwahlen in NRW "Klima in Berlin wird rauer"

Die Politik in Nordrhein-Westfalen steht vor einem Scherbenhaufen: Die rot-grüne Minderheitsregierung im bevölkerungsreichsten Bundesland ist am Streit um den Haushalt gescheitert. Der Landtag löst sich auf. Für Regierungschefin Hannelore Kraft bedeutet das Aus keine Niederlage, meint Issio Ehrich von n-tv.de. Doch: Könnte die bevorstehende Neuwahl in Düsseldorf die politische Landschaft in NRW als auch auf Bundesebene verändern? Ist die schwarz-gelbe Bundesregierung gefährdet? Die Presse diskutiert.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) schreibt: "Früher als erwartet muss Hannelore Kraft die Konsequenzen daraus ziehen, dass sie aus der Landtagswahl von 2010 - wie sie selbst sagt - nicht als Siegerin, sondern als Verlegenheitsministerpräsidentin hervorgegangen ist. Bis zum Mittwoch konnte sie diesen Nachteil immer noch dadurch ausgleichen, dass sie den Eindruck vermittelte, das Heft in der Hand zu haben und die Opposition im Plenum des Düsseldorfer Parlaments am Neuwahl-Ring an der Nase herum zu führen. Frau Kraft kam entgegen, dass sie solche Neuwahlen nicht fürchten musste. Dank starker Grüner hat sie in Umfragen seit der Bildung ihrer Minderheitsregierung eine Mehrheit im Land".

Die Landeszeitung fragt sich, ob mit der Minderheitsregierung Kraft in Nordrhein-Westfalen auch die Kraft des rot-grünen Gegenentwurfes im Bund erlahmen wird  - und kommt zu dem Schluss: "Vermutlich nicht. Bestätigen sich die Umfragewerte bei den anstehenden Neuwahlen, könnte sie sogar erstarken. Einen spannenden Ausstieg aus der Bundespolitik versucht Bundesumweltminister Norbert Röttgen. Weil er in seiner CDU für den nach Fukushima unumgänglichen Atomausstieg keine Kränze geflochten bekommt, setzt er auf frische Wahlmeriten". Ob das leichter wird als die Energiewende, wagen die Kommentatoren aus Lüneburg allerdings "zu bezweifeln".

Das Hamburger Abendblatt riskiert einen Ausblick: "So weit wie 2005, als Rot-Grün die Mehrheit in NRW verlor und Kanzler Schröder daraufhin die Flucht nach vorn in Neuwahlen antrat, wird es diesmal nicht kommen. Schwarz-Gelb hat keine Mehrheit zu verlieren. Die FDP allerdings droht deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. Dem gleichen Schicksal sehen die Linken entgegen, dafür stehen die Piraten in den parlamentarischen Startlöchern. Aus der bisherigen Minderheitsregierung könnte den Umfragen zufolge eine stabile rot-grüne Mehrheit werden". Und so sieht das Blatt aus dem hohen Norden denn auch: "Wetterleuchten an den schwarz-gelben Horizonten".

Die Eßlinger Zeitung ist alarmiert: "Dass Rot-Grün in NRW regiert, ist nichts Ungewöhnliches. Wenn aber die FDP wie erwartet im größten Bundesland unter die Räder gerät, wird das Klima auch in Berlin rauer. Die FDP wird noch stärker als bisher versuchen, sich auf Kosten der Union zu profilieren. In solchen Zeiten vorzeigbare Ergebnisse zu präsentieren, ist beinahe aussichtslos".

Für die Augsburger Allgemeine steht fest, dass der Ausgang der kommenden Landtagswahl im bevölkerungsreichsten und damit politisch einflussreichsten Land der Bundesrepublik die Politik in Berlin beeinflussen wird: "Sollten die Liberalen den Wiedereinzug in die Landtage von Saarbrücken, Kiel und Düsseldorf verpassen, dürfte es für Parteichef Philipp Rösler äußerst ungemütlich werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat es dann mit einem noch unberechenbareren Partner als bisher zu tun". Für Rot-Grün laufe es dagegen gut, konstatiert das Blatt aus Bayern: "Ihr Kandidat Joachim Gauck wird Bundespräsident, in Kiel wie in Düsseldorf könnte es für die absolute Mehrheit reichen - wenn, ja wenn ihnen nicht die Piraten noch einen Strich durch die Rechnung machen. Sie wirbeln die Lager durcheinander, weil sie SPD und Grünen genau die Stimmen abjagen, die diese für die Mehrheit brauchen. So könnten ausgerechnet die Freibeuter den Trend zur Großen Koalition verstärken: erst im Saarland, dann in NRW - und schließlich auch im Bund?". Für die Kommentatoren steht fest: "Die Karten werden neu gemischt".

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Susanne Niedorf-Schipke

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