Astronomisches Rettungspaket "Lösegeldzahlung für den Euro"
10.05.2010, 21:19 Uhr
Deutschland bürgt mit 123 Milliarden Euro.
(Foto: dpa)
Bis zu 750 Milliarden Euro stellt die Europäische Union in einem beispiellosen Rettungspaket für schwache Staaten bereit. Einig scheint die Presse darin zu sein, dass der Euro nicht allein durch Geld gerettet werden kann. Das Vertrauen müsse wieder hergestellt werden, und die Mitgliedsstaaten müssten ihren Bürgern die "Grenzen des Machbaren" aufzeigen.
Die Frankfurter Rundschau schreibt zum Rettungsplan für den Euro: "Zwei Tabubrüche gilt es zu bestaunen und zu begrüßen. Es gibt ab sofort ein automatisches Hilfsprogramm für Staaten, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten." Die Regel, dass kein Euroland dem anderen beisteht, existiere nicht mehr. Der andere Bruch sei "der Tabubruch schlechthin: Die Europäische Zentralbank kauft am Anleihemarkt Staatsanleihen von Eurostaaten. Die Chance ist da, die Währungsunion noch mal neu zu konzipieren." Diese Chance müsse genutzt werden.
"Vielen Deutschen wird angesichts schwindelerregender Zahlen immer mulmiger zumute", konstatiert die Pforzheimer Zeitung. Zu Recht, findet sie: "123 Milliarden Euro beträgt der Anteil, den Deutschland zur Absicherung des Euro beitragen muss. Zunächst nur in Form einer Bürgschaft. Doch was passiert, wenn diese gezogen wird? Einer Emnid-Umfrage zufolge glaubt jeder dritte Deutsche, dass es den Euro in zehn Jahren nicht mehr geben wird. Eine Zahl, die für das Misstrauen der Menschen spricht." Das sei Gift für die innerdeutsche Konjunktur. "Für die Bundesregierung kann es daher nur noch ein Ziel geben: Das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen."
Vor zu viel Optimismus warnt Die Tagespost: "Dass eine Währung entführt wird, um Regierungen zu erpressen, ist eine Errungenschaft unserer Zeit. Dies nämlich suggerieren uns die Spitzen Europas in diesen Tagen: Astronomische Rettungspakete wurden geschnürt als Lösegeldzahlung für den Euro. Noch ist es zu früh, aufzuatmen, denn der Euro ist keineswegs unversehrt und wohlbehalten bei seinen Eltern." Sicher sei, dass die Lösegeldübergabe zwei Todesopfer gekostet hat: "erstens die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB), die spätestens als man sie zwang, wertlose griechische Staatsanleihen als Sicherheit zu akzeptieren nun gänzlich in die Klauen der Regierungen geraten ist; zweitens die Maastrichter Stabilitätskriterien, die nicht nur von Griechenland unterlaufen wurden, sondern ab 2005 von Deutschland und Frankreich."
Die Stuttgarter Nachrichten sehen in dem Rettungspaket allenfalls einen Etappensieg: "Denn dass die Krise um Griechenland beinahe den Euro geknackt hätte, lag im Kern nicht an den Spekulanten, sondern daran, dass die Politik bei der Einführung des Euro der Ansicht war, gute Absichten allein reichten aus, um der Gemeinschaftswährung zum Erfolg zu verhelfen. Heute treten Konstruktionsmängel in Erscheinung, die schon damals sichtbar waren.
"Zu viele Euro-Länder lebten und leben über ihre Verhältnisse, ihre Regierungen brachten nicht die Kraft auf, ihren Bürgern die Grenzen des Machbaren zu zeigen", schreibt die Zeitung Fränkischer Tag. Erleichtert richtet sie den Blick auf die jüngsten Äußerungen der Kanzlerin: "Die Berliner Koalition hat sich nun endlich von ihrer Steuersenkungsphantasmagorie verabschiedet. Doch wenn nicht alle Euro-Staaten solide wirtschaften, ist diese Währung selbst mit 750 Milliarden nicht zu retten."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Fabian Maysenhölder