Pressestimmen

Wer wusste wann was von der Euro-Hawk-Pleite? "Lüge oder nicht Lüge, das ist hier die Frage"

Pressestimmen.jpg

Die ehemaligen Verteidigungsminister Scharping und Jung wollen mit dem Debakel um die Aufklärungsdrohne Euro-Hawk nichts zu tun haben. Die Presse diskutiert, wer Schuld ist an der Affäre.

De Maizière und der Euro-Hawk scheinen eine endlose Geschichte zu sein.

De Maizière und der Euro-Hawk scheinen eine endlose Geschichte zu sein.

(Foto: REUTERS)

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung sieht nicht nur den amtierenden Verteidigungsminister Thomas de Maizière in der Verantwortung für die Probleme beim Euro-Hawk, sondern auch dessen Nachfolger Rudolf Scharping. Er könne nicht mehr demissionieren, er sei ja nicht mehr im Amt und außerdem Mitglied der SPD, so die Zeitung. "Klar, dass er keinen 'Geburtsfehler' beim Euro-Hawk-Projekt erkennt, denn dessen Geburt fiel schließlich in seine Amtszeit." Ebenso wisse "Allzweckminister" de Maizière wohl am besten, dass auch er die Verantwortung für Dinge trägt, die er persönlich und unmittelbar nicht zu verantworten habe, so das Blatt weiter. Außerdem meint die FAZ, dass er sich durch jede konkrete Aussage angreifbar mache für die Opposition - die jetzt die Gestalt eines Untersuchungsausschusses angenommen habe und mit Blick auf ihre Chancen bei der Bundestagswahl nicht nur die - eigentlich auch für sie selbst peinliche - Daten-Affäre, sondern auch jede sonstige Dröhnung bitter nötig habe.

Im Juni habe de Maiziére sehr bestimmt erklärt, seine Untergebenen hätten ihn erst am 13. Mai dieses Jahres offiziell über die Schwierigkeiten beim Euro Hawk informiert, schreibt die Saarbrücker Zeitung. "Und er hat diese Mitarbeiter, Staatssekretäre immerhin, sogar öffentlich dafür kritisiert. Tritte nach unten also." Die Zeitung meint, dass alle Hinweise, die es schon vor diesem Zeitpunkt gab, die Probleme nach Darstellung de Maizières als lösbar erscheinen ließen. Im Übrigen seien sie für ihn als Minister nicht maßgeblich, weil er sie nicht amtlich erhalten habe, als ordentliche Verwaltungsvorlage, kritisieren sie. "Wer so argumentiert, bleibt besser Verwaltungschef, statt Minister zu werden. Da gibt es nämlich die Kategorie politische Führung und Verantwortung, und um die geht es hier."

Für das Handelsblatt ist die Sache ganz einfach. Habe Verteidigungsminister Thomas de Maizière in seinen Aussagen über seinen Kenntnisstand beim Projekt "Euro Hawk" die Unwahrheit gesagt, müsse er ihrer Meinung nach zurücktreten. Dies und vielleicht noch die Frage, ob sich das Land einen Verteidigungsminister leisten wolle, der monatelang nicht Herr im eigenen Haus ist, begründe dem Blatt zufolge den Streit zwischen Opposition und Regierung, der seit gestern im Untersuchungsausschuss tobt. Das sei auch der Grund dafür, warum die gestrige Ladung von Zeugen wie Rudolf Scharping und Franz Josef Jung zwar dem parteipolitischen Ritual entspräche, letztlich aber überflüssig sei, so das Handelsblatt weiter. "Es geht nicht um Verträge. Lüge oder nicht Lüge, das ist hier die Frage."

Nach dem gestrigen Auftakt im Untersuchungsausschuss dürfe es für de Maizière noch schwieriger geworden sein, die Drohnen-Affäre politisch unbeschadet zu überstehen, schreiben die Dresdner Neueste Nachrichten. Laut dem Blatt hat er sich mit seiner Aussage, von den Problemen des Euro-Hawk bis zum bitteren Ende kaum etwas gewusst zu haben, selbst in eine äußerst schwierige Situation manövriert. "Entweder setzt sich der Eindruck fest, dass er als Minister überfordert war. Oder er wird irgendwann überführt, die Unwahrheit gesagt zu haben."

Die Landeszeitung aus Lüneburg meint: "Ausspäh- und Drohnen-Affäre haben das Zeug zur unendlichen Geschichte. Zumindest gefühlt." Laut dem Blatt komme erschwerend hinzu, dass das Thema Geschichte in beiden Affären zunehmend in den Fokus gerate. Für sie spielen unter anderem die Medien eine wichtige Rolle im Spannungsfeld zwischen treibender Kraft und Instrumentalisierung. "Natürlich müssen diese Affären aufgeklärt werden. Aber vor allem muss der Versuch unternommen werden, die Mauer- und Salamitaktik der Politiker zu entlarven. Es gehört zum Kalkül in Berlin, dass sich irgendwann jede Affäre totläuft." Auch die Kanzlerin steht nach Meinung der Landeszeitung in der Kritik, denn sie scheine dieses Spiel zu beherrschen. "Ihre homöopathische Aufklärung ist die Potenzierung Kohl'schen Aussitzens."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Lisa Schwesig

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen