Pressestimmen

Die Grünen und die Pädophilie-Debatte "Meister des Geschreis sollten Klappe halten"

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Die Grünen werden von ihrer Vergangenheit eingeholt. Der Vorwurf, Trittin habe 1981 presserechtlich ein Programm verantwortet, das gewaltfreie sexuelle Handlungen zwischen Kindern und Erwachsenen legalisieren wollte, setzt der Partei kurz vor der Bundestagswahl zu. Aus der CDU werden Stimmen laut, die einen Rücktritt des Spitzenkandidaten fordern. Bei den Kommentatoren der deutschen Zeitungen herrscht vor allem Unverständnis darüber, dass sich der Spitzenkandidat zu den Vorwürfen ausschweigt.

Die Süddeutsche Zeitung meint, jeder habe das Recht, Fehler aus der Vergangenheit einzusehen und erinnert an junge Parteigänger Hitlers und alte SED-Kader, die später gute Demokraten wurden. Die Schwierigkeit bestehe vielmehr darin, eigene Fehler nicht zuzugeben: "Wo die Fähigkeit aber gering ist, eigene Fehler zu benennen, bleibt die Vergangenheit wach. Was geht mich mein Gerede von gestern an? Sehr viel."

Jürgen Trittin ist in Erklärungsnot.

Jürgen Trittin ist in Erklärungsnot.

(Foto: dpa)

Auch die Badischen Neuesten Nachrichten finden, dass es der Umgang mit dem Problem sei, der den Grünen nun auf die Füße fiele. Viel zu spät habe sie auf dieses Thema reagiert. Die Zeitung erinnert daran, dass es in der Vergangenheit gerade die Grünen die allerersten waren, die zur schonungslosen Aufklärung gedrängt hätten: "Man erinnert sich auch an anklagende Auftritte von grünen Vertretern gegenüber der katholischen Kirche und den Missbrauchfällen in ihren Reihen."

Auch die Nordwest-Zeitung aus Oldenburg findet: "Die Grünen müssen selbst entscheiden, wie glaubwürdig Trittin, der bei anderen so gern die Moralkeule schwingt, als Spitzenkandidat noch ist."

Weitgehend einig ist man sich in den Kommentaren der deutschen Presse darüber, dass die Vorwürfe und Trittins Schweigen einen Einfluss auf das Verhalten der Wähler haben werden. Die Pforzheimer Zeitung meint, dass die fortschreitende Verbürgerlichung des grünen Images rüde gestoppt worden sei: "Die Bürger wurden unsanft daran erinnert, dass die Ökopartei einst anarchisch und Zeitgeist atmend startete. Somit werden die Grünen auf ihre Kernwähler zurückgeworfen. Denn gut Betuchte haben sie mit den Steuerplänen obendrein strapaziert."

Die Heilbronner Stimme glaubt, dass die Partei vor einem Generationenwechsel stünde und die Pädophilie-Debatte diesen möglicherweise beschleunigen werde. Der gleichen Meinung sind die Dresdner Neusten Nachrichten: "Frontmann Jürgen Trittin ist Teil des Problems und wird kaum mehr Teil der Lösung sein können. Der Generationswechsel ist fällig."

Die Frankfurter Rundschau mahnt, dass auch andere Parteien ihr Verhalten in der Vergangenheit überdenken und die "Meister des Geschreis die Klappe halten" müssten. Denn gegen den Widerstand der Union "setzten die Frauen im Bundestag 1997 (!) das Verbot der Vergewaltigung in der Ehe durch. Und im Jahr 2000 bedurfte es einer rot-grünen Mehrheit, um die elterliche Gewalt in der Erziehung zu ächten."

Zusammengestellt von Sarah Köhler

Quelle: ntv.de

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