Pressestimmen

CDU stimmt für den Koalitionsvertrag "Mutti, wir folgen dir"

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Geschlossen nickt die CDU auf einem kleinen Parteitag den Koalitionsvertrag der Großen Koalition ab. Die kritischen Stimmen aus dem Wirtschaftsflügel der Partei und der Jungen Union sind damit vorerst verhallt. Die Position der Kanzlerin gestärkt. Die deutsche Presse betont die Gefahr der Dominanz Angela Merkels innerhalb ihrer Partei.

(Foto: imago stock&people)

"Ein Hauch von Revolution lag in der Luft", kommentiert die Pforzheimer Zeitung die Stimmung vor dem kleinen Parteitag der CDU. Denn in der CDU gleiche es schließlich schon einer Revolution, "wenn jemand öffentlich der Parteiführung - also Angela Merkel - widerspricht". Und so habe es für Erstaunen gesorgt, "als eine junge Gruppe um Gesundheitsexperte Jens Spahn vor der Großen Koalition warnte, als der Wirtschaftsflügel der Partei über den Koalitionsvertrag wetterte". Nachdem der kleine Parteitag jedoch den Koalitionsvertrag durchgewunken habe, könne Merkel sich freuen: "Die paar Widerworte waren nicht nur folgenlos, sondern vermittelten sogar das Bild einer lebendigen Partei, in der es ebenso demokratisch zugeht wie in der SPD. Nur eben ohne Mitgliederentscheid."

Die Bild kommentiert: "Die Kanzlerin hat bekommen, was sie wollte. Erstens eine Koalition ohne die FDP. Und zweitens eine CDU, die ihren Kurs brav abnickt." Trotz ihrer jeweiligen Bedenken habe sowohl der Wirtschaftsflügel als auch die Jungpolitiker der CDU den Koalitionsvertrag abgenickt. Der Mut in der CDU reiche, so die Zeitung, nur für "zwei schamhafte Enthaltungen beim kleinen Parteitag. Dies sei auf die Stärke der Kanzlerin zurückzuführen, die zugleich die Schwäche der Christdemokraten sei: "Nach acht Jahren Merkel-Kanzlerschaft ist die CDU zur Ein-Frau-Partei geworden - ohne klares Programm und ohne profilierte Köpfe. Hinter der stärksten Frau Europas steht ein schwacher Kanzlerinnenwahlverein. Sein Motto: Mutti, wir folgen dir."

"So tickt der Kanzlerwahlverein CDU", leitet der Münchner Merkur seinen Kommentar ein und erläutert: "50 junge Abgeordnete unterzeichnen ein 'Manifest der Unzufriedenen', und der zu Zeiten eines Friedrich Merz so mächtige Wirtschaftsflügel probt die Revolution. Doch am Ende reicht es nicht mal zu einem Revolutiönchen." Das sei nur konsequent, meint die Münchener Zeitung: "Denn das Programm der CDU heißt Angela Merkel. Viel mehr hat sie den Wählern derzeit nicht zu bieten, wozu auch: Mit ihrem neuen Markenkern hat die CDU gerade einen fulminanten Wahlsieg eingefahren. Was aber bleibt von der CDU, wenn die Kanzlerin in vier Jahren sagt, danke, das war's?"

Auch die Badischen Neuesten Nachrichten betonen die dominante Position Merkels in der Partei und sehen sich in vergangene Zeiten zurückversetzt: "So ist die CDU wieder das, was sie schon unter Konrad Adenauer und Helmut Kohl war - ein reiner Kanzlerwahlverein. Und ein Parteitag wie am gestrigen Montag wirkt streckenweise wie ein Mitgliedstreffen des Angela-Merkel-Fanklubs." Zwar sind im Vorfeld noch ein paar "pflichtschuldige Proteste" laut geworden, unter anderem des Wirtschaftsflügels und der jungen Generation, "doch das Aufbegehren hält sich in Grenzen, der Widerstand wirkt wie ein laues Lüftchen, nichts soll die Kanzlerin beschädigen."

Die Berliner Zeitung mahnt die Union, die Frage der Nachfolge Merkels schleunigst zu klären: "Die CDU steht vor einer ihrer schwersten Aufgaben. Und das ist nicht die Große Koalition. Es ist weit schwieriger. Die CDU muss sich daran machen, die Nachfolge für Angela Merkel, ihre Parteivorsitzende, in die Wege zu leiten. Verglichen damit wird auch vieles, was in der Partei in den letzten Jahren als Zumutung empfunden wurde, im Nachhinein zum Spaziergang. Energiewende? Knifflig, ja. Aber woher bekommt die CDU einen Merkel-Ersatz, einen quotenbringenden wohlgemerkt? Ein neuer Spitzenmann drängt sich nicht auf. Bisherige Anwärter sind affärengeschädigt (Thomas de Maizière), zurückgetreten (Norbert Röttgen) oder zu umstritten (Ursula von der Leyen)."

Die Saarbrücker Zeitung meint ein Muster in der Widerstandskultur der CDU zu erkennen: "Revolution in der CDU? Aufruhr der Unzufriedenen? Wenn sich in der Union Widerstand regt, dann (…) wenig forsch, verfasst auf geduldigem Papier, um Angela Merkel nicht allzu sehr zu vergrätzen. Und sowieso erst kurz vor Schluss, wenn inhaltlich die Würfel längst gefallen sind." Die dadurch gewonnene Aufmerksamkeit könne den vermeintlich Aufständischen beim "Posten-Geschacher" nutzen.

Zusammengestellt von Aljoscha Ilg

Quelle: ntv.de

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